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Samstag, 29. November 2014

Die Kunst des Nebelbomben werfens

Bei einer Nebelbombe handelt es sich um eine Granate, die starken Rauch oder Nebel erzeugen kann. Menschen im Nebel verlieren die Orientierung und verirren sich. Eine wirkungsvolle Taktik bei militärischen Einsätzen. Wenn der Gegener die Orientierung verliert gehen die Angriffe ins Leere.
In der Politik werden auch gerne im übertragenen Sinne Nebelbomben geworfen. Man macht viel Getöse um irgendein unwichtiges Thema, damit man vom eigentlichen und brisanteren Thema ablenken kann. Da handelt es sich dann um eine wirkungsvolle Taktik, unbeliebte Entscheidungen durchzusetzen.
Es wäre bestimmt interessant, unsere Gesellschaft einmal zu durchleuchten. Wo wird uns mit Hilfe von Nebelbomben die Wirklichkeit "vernebelt"? Brot und Spiele kannten schon die alten Römer. Sorge für gute Unterhaltung, dann ist das Volk regierbar.
Auf die Nebelbomben in der Politik und in der Gesellschaft haben wir nicht so viel Einfluss. Aber auf Nebelbombem im eigenen Umfeld können wir achten. Kennst du Nebelbombenwerfer und -werferinnen? Woran kann man sie erkennen?
Eine Frau kommt zu mir und erzählt mir ganz aufgeregt von ihrer Tochter, die keine Freunde in der Schule hat. Und was sie schon alles unternommen hat. Und wie schrecklich die Lehrerin ist. Und was sie alles schon unternommen hat. Und wer bislang schon nicht helfen konnte. Jetzt könnte ich mich daran beteiligen eine Lösung für die Tochter zu finden. Wenn nicht... ich den Verdacht hätte, dass dort eine Nebelbombe liegt. Was möchte die Frau verbergen? Beim Stochern im besagten "Nebel" stellt sich heraus, dass sie ärgerlich auf ihren Ehemann ist. Der war einfach nicht solidarisch. Er hat sie nicht unterstützt. Dem ist das Thema egal! Aber die Frau kann es sich nicht leisten, auf den Mann sauer zu sein, weil sie ihn noch braucht. Ihren Ärger über den Mann lädt sie nun ab über Schule und andere Menschen.
Wegen der geschlechtlichen Gerechtigkeit auch ein männliches Erlebnis. Ein Mann hat vor meiner Einfahrt geparkt. Ich spreche ihn an, dass er dort nicht parken dürfte was man an dem Schild auch deutlich sehen könnte. Der Mann spricht von seiner furchtbaren Fahrt hierher, von dem Stau, in dem er stand, dem dringenden Termin, den er hatte und der Unmöglichkeit hier auch nur in der Nähe einen Parkplatz zu finden. Außerdem sei das Schild so klein und es war so dunkel, dass er nichts sehen konnte.
Wir legen alle gerne einmal Nebelbomben. Wenn wir gesund essen wollen, legen wir auf das panierte Schnitzel ein Stückchen Gurke und Tomate. Wenn wir mit dem Auto und schlechtem Gewissen zum nahen Bäcker fahren verbinden wir das mit einer "eigentlichen" Fahrt zum Getränkehändler. Wir sind da oft sehr geschickt mit unseren Nebelbomben. Und meistens sind sie uns nicht bewusst. Bislang! Und? Wie heißen deine Nebelbomben?
Wenn du nicht zum Eigentlichen kommst, wenn du gerne drum herum redest, wenn du dich in Nebengedanken verstrickst, wenn du Dramen inszenierst, wenn du dich mit Ablenkungsmanövern auskennst... bist du schon ziemlich gut in diesem Thema... 
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Freitag, 28. November 2014

Alles, was im Verborgenen liegt!

Unsere Aufmerksamkeit im Leben richtet sich leider allzu oft auf die Aspekte, die im Vordergrund stehen und sich im Licht der Öffentlichkeit befinden. Wir kennen die Stars und Promis.
Eine Sendung lebt von der Ausstrahlung und Fähigkeit des Moderators. Aber wer sorgt dafür, dass er im strahlenden Glanz erscheint? Die Maskenbildner, der Redenschreiber, der Regisseur, der Kameramann, das Publikum, die Bühne, der Modeberater, die ganze Modebranche. Immer arbeiten zahlreiche unsichtbare Menschen im Hintergrund.
Denkt jemand an die katholische Kirche sind alle Augen auf den Papst in Rom gerichtet. Er steht symbolisch für das Ganze. In seinem weißen Gewand sorgt er für den Glanz und die Wirkung in der Öffentlichkeit. Doch wie viele Menschen arbeiten im Verborgenen, im Hintergrund? Beamte, Putzfrauen, Wäscherei und ganze Heerscharen von Bediensteten im Hintergrund sorgen für einen reibungslosen Ablauf der öffentlichen Inszenierungen. Ohne sie würde nichts laufen. Wenn niemand die Schriften des Papstes veröffentlichte, wenn sich niemand um ihn kümmerte, wäre er völlig unbedeutend. Wir würden nicht einmal wissen ob er noch lebt oder schon tot ist. Die Stars leben von den Fans und Fan wird man erst durch die Anerkennung eines Stars.
Für die im Verborgenen interessiert sich niemand. Aber die machen oft die eigentliche Arbeit. Und dort liegt auch eine versteckte Macht. Ich habe im Laufe meines Lebens oft erfahren, dass die Sekretärin wichtiger ist als der Chef. Gewinnst du sie gewinnst du auch den Chef.
Gehen wir einmal noch einen Schritt weiter. Überall wo ich hinkomme sehe ich etwas. Ich sehe die wunderbaren neuen Autos hinter der Glasscheibe des Autohauses. Ich sehe die imposanten Fassaden von Banken und Versicherungen. Ich sehe die auffällige Kleidung der Promis dieser Welt. Ich sehe und sehe... Aber ehrlich gesagt beschäftigt mich immer zugleich die Frage: Was sehe ich nicht? Was soll ich nicht sehen? Was wird um jeden Preis versteckt, dass ich es ja nicht bemerke? Was geschieht da im Verborgenen?
Ich habe damit begonnen, diese Frage an die Politik, die Kirche und sonstige gesellschaftliche Gruppen zu richten. Was wird verborgen vor meinen Augen? Bei Politikern frage ich mich eher: Was haben sie nicht gesagt anstatt zu suchen, was sie denn nun gesagt haben. Das Gesagte macht etwas sichtbar damit das Ungesagte unsichtbar bleiben kann. Auch du könntest dich jetzt fragen, was ich denn sage und was ich geschickt verbergen möchte.
Eigentlich verbirgt sich dahinter ein uraltes Spiel. Dieses kennen wir schon von Kindheit an. Wir haben alle gerne "verstecken" gespielt. Der Reiz liegt darin, das Verborgene verborgen zu halten. Es bleibt mein Geheimnis. Es will aber auch zugleich entdeckt werden, freilich erst nach einer gewissen Zeit des spannenden Wartens. Auch als Erwachsene führen wir diese Spiele noch fort. Nur professioneller und "verborgener". Dieses Spiel wird nur nicht mehr "Spiel" genannt, weil wir aus dem Kindesalter heraus sind. Verschwörungstheoretiker leben von diesem Spiel und die Medien auch. Die Dunkelheit, das Verborgene und die vermuteten Geheimnisse machen dieses Spiel so interessant.
Dabei möchte ich gerne würdigen, dass im Verborgenen viel Gutes geschieht. Man denke da an Krankenschwestern und Altenpflegern, an die Köche in den Kantinen und die Putzfrauen in den Tausenden von verschmutzten Räumen. Selbst Jesus empfiehlt in Bezug auf das Beten: "Zieh dich in deine Kammer zurück. Geh in das Verborgene und stell dich nicht in die Öffentlichkeit mit deinen Gebeten."
Solange sich das Verborgene verbirgt bleibt es für uns Menschen interessant. Wir sind halt neugierig! So sind wir erschaffen! Welche Räume mögen da noch auf uns warten? Im All, in unserem eigenen Innenleben, auf dem Meeresgrund und in den tiefen Schichten der Erde?
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Donnerstag, 27. November 2014

Der Sprung über den Schatten

Das sagt sich so leicht: "Spring doch mal über deinen Schatten!" Mach einmal etwas, was du sonst nicht tust. Es entspricht nicht deinen Gewohnheiten. Du schämst dich, wenn du es tätest. Es geht dir gegen den Strich. Es spricht gegen deine Glaubensüberzeugungen.
Du willst z.B. gerecht sein. Gerechtigkeit ist eines deiner höchsten Werte. Wenn du etwas tun müsstest was ungerecht wäre, würdest du es nie machen. Du müsstest da über deinen Schatten springen.
Genau betrachtet funktioniert das eigentlich gar nicht. Kein Mensch kann über seinen Schatten springen. Wenn du springst springt dein Schatten immer mit. Der lässt sich nicht austrixen. Dein Schatten gehört zu dir. Du kannst ihm nicht ausweichen. Du kannst dich wegdrehen und ihn nicht sehen. Aber er bleibt da. Und du weißt es. Schatten haben es an sich, in der Regel nicht gemocht zu werden. Darum führen sie ja auch ein Schattendasein. Der Schatten beinhaltet die Eigenschaften, die wir an uns gar nicht mögen. Wir verleugnen sie sogar. Wir sehen sie beim Gegenüber und regen uns fürchterlich darüber auf. Aber dass diese bestimmte Eigenschaft des anderen auch zu uns gehört würden wir strikt ablehnen. Wir Menschen sind häufig Künstler darin, unseren Schatten so zu verbergen, dass wir ihn selber nicht mehr sehen oder wahrnehmen können.
Aber auch wenn wir ihn nicht sehen, bleibt er uns erhalten und geht jeden Schritt mit uns. Tag und Nacht. Er beeinflusst unser Leben und unsere Entscheidungen. Je mehr wir ihn verleugnen, desto wirksamer setzt er sich in Szene.
Es gibt jedoch eine Möglichkeit, den Schatten zu verändern. Wenn Licht dahin fällt. Wenn Licht auf den Schatten fällt, dann verschwindet er. Das gilt im bildlichen und auch im übertragenen Sinn.
Wenn du Licht auf die Eigenschaften richtest, die du nicht magst und liebevoll damit umzugehen lernst, wird der Schatten immer kürzer. Der lange Schatten verkürzt sich und kommt auf dich zu. In dieser Phase lernst du dein "Geister" und "Gespenster" so richtig kennen.
Bei einem ganz bestimmten Sonnenstand verschwindet der Schatten fast gänzlich. Du lässt zu, dass überall Licht einfallen darf auf deine Schattenseiten. So geht der Prozess der Erleuchtung! Du entscheidest dich für  einen Friedens- und Versöhnungsprozess, den Schatten zu integrieren und als einen Teil deiner selbst anzunehmen.
Leider musst du diese Übungen täglich machen. Solange wir Menschen existieren wird es auch die Neigung zum Schatten geben. Er gehört zu uns dazu. Mal mehr und mal weniger. Wann bist du das letzte mal über deinen Schatten gesprungen und wie ist es dir bekommen? Wie hast du das geschafft?
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Mittwoch, 26. November 2014

Die Freiheit eine Null zu sein.

Wer ist nicht gerne ein Etwas? Vielleicht nicht nur ein "Etwas" sondern ein: "Ich bin Jemand!" "Ich bin Wer!" Ich bin vielleicht ein guter Koch oder ein bewanderter Geschichtenerzähler. Als Kind bin ich vielleicht ein phantastischer Stürmer oder brauchbarer Torhüter. Und wenn ich das bin, dann habe ich eine große Aufgabe. Es gilt, den Ruf zu wahren. Bloß niemanden enttäuschen! Sei eine perfekte Mutter, ein perfekter Vater! Sei wenigstens in einem Bereich deines Lebens so richtig gut!
Vielleicht bist du aber nirgendwo wirklich gut. Du strengst dich zwar an und du gibst dein Bestes. Aber du stößt immer wieder auf Grenzen. Du kannst zwar kochen, aber es gelingt dir nur so ungefähr. Du bist ganz mütterlich oder väterlich zu deinen Kindern aber leider nicht immer so, dass du rundum zufrieden mit dir bist. Vielleicht bist du kein Genie. Vielleicht bist du nicht einmal Mittelmaß. Oder du bist es nur mit großer Anstrengung.
Jetzt stell dir einmal etwas ganz Ungewöhnliches vor. Stell dir etwas vor, wovor alle Psychotherapeuten warnen im Sinne eines niedirgen Selbstwertgefühls. Stell dir für einen Moment vor, du wärest eine "Null". Du kannst einfach nichts und du erwartest auch nichts von dir. "Das geht aber nicht!" wirst du denken. "Etwas Ehrgeiz braucht es doch im Leben! Sonst erreichst du nichts!"
Aber du könntest dir für einen Moment einfach nur mal vorstellen du seist eine "Null". Du sitzt auf deinem Sofa und lässt zu, dass du einfach nichts bist. Was wird geschehen? Du musst keine Erwartungen mehr erfüllen! Die Ansprüche verschwinden! Die übersteigerten Wünsche lösen sich auf in Wohlgefallen!
Für einen Moment kannst du dich fallen lassen und einfach nur Sein! Dann wirst du merken, dass sich da so ein kleiner Raum auftut, den du Freiraum nennen kannst. Den hin und wieder zu spüren wird dich entlasten von all den Anforderungen und Überlastungen.
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Dienstag, 25. November 2014

Ist es ein Weg mit Herz?

Bei Carlos Castaneda finde ich diese wichtige Frage. "Ist es ein Weg mit Herz?" Wenn du dich an einer Weggabelung befindest dann musst du dich entscheiden für den einen oder den anderen Weg. Geh in dich hinein und lasse dein Herz sprechen. Wie fühlt es sich an wenn du den einen Weg wählst und wie fühlt es sich an, wenn du den anderen Weg nimmst?
Die Orientierung bekommst du, wenn du dich fragst: Ist es ein Weg mit Herz? Es kann sein, dass der Kopf sehr vernünftige Gründe weiß, warum du einen bestimmten Weg gehen sollst. Wenn du aber dabei dein Herz übergehst wird sich dein Weg einfach falsch anfühlen. Du gehst und weißt innerlich: Da stimmt etwas nicht! Das fühlt sich nicht stimmig an! Das Herz weiß manche Dinge, die der Verstand noch nicht kennt. Das Herz ist schneller. Es kann sich in die Zukunft hineinfühlen. Der Verstand kann nur die bekannten Dinge denken. Er orientiert sich an vertraute Abläufe. Er liebt die Routine, die Sicherheit und die klaren und wiederkehrenden Abfolgen. Das unbekannte Land verunsichert ihn. Da kommen dann die "Gedanken": Ist es sicher? Bin ich dem gewachsen? Ist es gesund für den Körper? Macht es Probleme?
Manchmal will das Herz etwas anderes als der Verstand. Du kennst sicher auch Menschen, die manchmal eine Entscheidung treffen, die völlig unvernünftig ist. Sie geben ihren sicheren Beruf auf. Sie verlassen ihre Familie. Sie gründen eine Firma, die erst mal keine Einkünfte verspricht.
Von außen betrachtet schlägst du vielleicht die Hände über den Kopf zusammen. (Ist auch ein schönes Bild. Mit den Händen auf dem Kopf drückst du aus: Prügelst du deinen Verstand? Hast du ihn verloren?)
Gehen wir doch mal einen Schritt weiter im Bemühen um ein tieferes Verständnis. Wenn du dein Herz nicht befragst und mitnimmst wird der Weg nicht segensreich sein. Es wird dich beständig das Gefühl beschleichen, dich nicht richtig entschieden zu haben. Wenn du dich der Kraft deines Herzens überlässt wird der Verstand schon mitkommen und auch im Nachhinein gute Gründe finden, die Entscheidung zu akzeptieren. Da ist er Meister drin.
Im idealen Fall jedoch gehen Herz und Kopf gemeinsam. Manchmal braucht es dafür einen Prozess damit das gut gelingt. Wenn du an einer Kreuzung stehst und dich entscheiden musst, dann bringe Herz und Kopf in einen Dialog. Bildlich gesprochen kommt dann quasi jemand "Drittes" hinzu. Das ist dein innerer Moderator oder Beobachter. Der hat die Aufgabe, zwischen Herz und Kopf zu vermitteln.
Der oder die Moderatorin in dir fragt also das Herz: "Was fühlst du? Was ist dein Bedürfnis? Was fühlt sich für dich lebendig an? Was ist stimmig? Wo gibt es so etwas wie ein Hüpfen, eine Freude?
Dann befragst du den Verstand: Wenn du das mitbekommst, was das Herz sich wünscht, was kommt dir da in den Sinn? Was sind deine Befürchtungen und Sorgen? Zu welchen Teilen kannst du "Ja" sagen? Wo gibt es Sperren?"
Dann befragst du wieder das Herz: "Was hast du vom Verstand mitbekommen? Was kannst du deinem Verstand anbieten, dass er mitgehen kann? Wie kannst du ihn unterstützen? Gibt es eine Erlaubnis, einen ersten Schritt zu probieren und auch wieder einen Rückzug zu machen, wenn es nicht funktioniert? Kannst du den Verstand bitten etwas tun auch wenn es unvernünftig ist? Es könnte ja für ihn "vernünftig" sein, dem Herzen etwas gutes zu tun."
Dann befragst du wieder den Verstand: "Hast du etwas von deinem Herzen erfahren, was dir neu ist? Magst du dich mit den Ideen ein wenig vertraut machen?"
Du gehst also ständig hin und her zwischen Herz und Verstand. Du als Moderator und Beobachter bist "neutral". Du bist beiden Anteilen gegenüber verständnisvoll und zugewandt. Beide "Kinder" gehören zu dir und sind ein Teil von dir. Du kannst dafür sorgen, dass beide Teile etwas gewinnen und keiner verliert. Wenn der Verstand große Bedenken hat für den "Herzensweg" dann kannst du dich trotzdem für den Weg entscheiden und dabei die "Bedenken" mitnehmen. Die "Bedenken" bekommen die Erlaubnis, bei jedem Schritt sich neu melden zu dürfen. Die "Bedenken" darfst du aber auch um Unterstützung bitten, nicht allzu kritisch zu sein und einen kleinen Freiraumpuffer zuzulassen. Wenn du ein paar Schritte auf deinem Herzensweg gegangen bist mit den Bedenken im Gepäck, dann danke deinen Bedenken von Zeit zu Zeit für ihr "Mitdenken". Würdige diesen Anteil in dir und stoß ihn nicht weg.
Auch nach der Entscheidung bleibst du als Moderator die Begleitung von Herz und Verstand. Du kannst mit deiner Aufmerksamkeit wechseln. Mal bist du ganz im Herzen, mal ganz im Verstand, mal ganz in der Beobachtung und machmal in allem gleichzeitig.
Und dann? Dann lässt du alles ruhen und lässt geschehen, was immer auch geschieht.
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Montag, 24. November 2014

Niemand ist nur "Flüchtling"

Diese Wirklichkeit stimmt mich traurig. Menschen müssen ihre Heimat verlassen. Sie werden vertrieben und verjagt. Sie haben Angst um ihre Existenz und suchen Sicherheit in einem ihnen fremden Land.
Menschen auf der Flucht existieren seit es Menschen gibt. Das ist bedrückend! Ich bin in einem Dorf groß geworden, wo die Flüchtenden aus dem Osten ihre neue Heimat gefunden haben. In meiner Kindheit hießen sie pauschal: "Flüchtlinge". Sie werden bis heute so genannt von der "Urbevölkerung", den "Herkunftsmünsterländern", auch noch nach mehr als fünfzig oder sechzig Jahren. Mich stört das Wort. "Flüchtlinge" bezeichne ich mit meinem Wortschatz lieber als "Menschen auf der Flucht" oder "Flüchtende". Ich finde es wichtig, sorgsam und so gut wie es geht mit der Sprache umzugehen.
Es gibt viele Worte mit "...ling" die festlegend und einschränkend sind. "Winzling", "Säugling", "Hänfling", "Sträfling". Ein Mensch kann klein sein, aber in ihm steckt mehr. Ein Mensch mag eine Strafe absitzen, aber er ist mehr. Ein Säugling mag an der Mutter der Brust saugen, aber er ist mehr.
Wir sind also mehr als "...linge". Ein sogenannter "Flüchtling" kommt aus einem ganz konkreten Land, hat ein ganz konkretes Geschlecht und Alter. Er und sie ist ein Mensch auf der Flucht. Und er flüchtet im Augenblick, vorübergehend. Nach der Flucht wird er ankommen und nicht mehr flüchtend sein.
So ganz nebenbei: Ich bin auch ein "Flüchtender" in bestimmten Situationen! Ich flüchte manchmal vor Regen, manchmal vor der Sonne und gerne vor übellaunigen Menschen und zerstörerischer Kritik. 
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Sonntag, 23. November 2014

Einfach so!

Mir gefällt der Satz. Einfach so! Beim recherchieren stelle ich überrascht fest, dass es in den USA einen Feiertag gibt der so heißt: der "Just Because Day", der "Einfach So Tag" wird am 27. August begangen. Dafür gibt es verschiedene Gründungslegenden, die mich hier nicht so interessieren.
Spannend finde ich, dass mir der Satz gefällt, und dass es bislang ohne mein Wissen dazu einen Feiertag in den USA gibt.
Stell dir vor: Jemand schenkt dir eine Blume. Was denkst du dann? Wenn es dein Geburtstag ist, brauchst du nichts zu fragen. Der Grund des Schenkens ist klar. Wenn dir kein Grund einfällt warum dir jemand eine Blume schenkt fragst du: "Wieso?" - "Warum?" - "Gibt es etwas besonderes?" Meistens gibt es einen Grund dafür, dass wir etwas tun. Weil die Blumen kein Wasser haben, gieße ich sie. Weil ich etwas bestellt habe erhalte ich eine Rechnung und bezahle sie auch. Unser Verstand sucht nach guten Gründen für unser Handeln. Er möchte das sortieren und einordnen können. Es muss zum Weltbild und zu unseren Glaubenssätzen passen. Wenn ich den Grund für die geschenkte Blumen kenne, kann ich es einordnen. War das Geschenk berechtigt? Habe ich es mir verdient? Gab es einen Anlass? Muss ich mir das merken und irgendwann etwas zurückschenken? Erst wenn alle Fragen beantwortet sind können die Gedanken in der Schublade landen.
Auf die Dauer ist ein solches Leben sehr berechenbar und ohne Überraschungen oder große Freude. Logik und klare Abläufe geben zwar Sicherheit, aber da fehlt dann schnell mal das "erfrischende" Gefühl.
Die "Einfach so!" Philosophie folgt da einem anderen Weg. Probiere es mal aus und sage: "Einfach so!" Geh durch die Fußgängerzone und begrüße für eine halbe Stunde jeden Menschen mit den Worten: "Schön, dass Sie da sind!"  Geh in eine Bäckerei und sage der Verkäuferin: "Heute scheint die Sonne, auch für Sie!" Du nimmst zehn Geldstücke im Werte von jeweils einem Euro in die Hand und verschenkst das Geld. Du legst einen Euro auf die Theke eines Metzgers, strahlst die Verkäuferin an und sagst: "Einfach so!" Du gibst deine Geldstücke Menschen, die es nicht brauchen oder nicht damit rechnen und überlässt dich dabei deiner Intuition und sagst: "Einfach so!"
Die "Einfach so!" Philosophie führt den Verstand an der Nase herum und ist zugleich voller Lebensfreude. Sie ist wie das kleine Kind an der Hand der Mutter und hüpft mit einem Lutscher durch die Welt. Sie lächelt verschmitzt wie ein alter weiser Greis, der sich dessen bewusst ist, dass keiner seiner Gedanken so besonders wichtig ist zum Erhalt für die Nachwelt. "Einfach so!" heißt: "Was du denkst ist richtig und das Gegenteil auch!" Es bringt dein System durcheinander und - holt dich direkt in die Gegenwart. Einfach so!
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Samstag, 22. November 2014

"Drey ding seynd wolfeyl zu Rhom: fiber, pestilentz und arme leüt" (Ulrich von Hutten 1488-1523)

Nach dem Duden meint "wohlfeil" so viel wie "billig, niedrig im Preis". Mittelhochdeutsch geschrieben wurde es: "wolveil". Beim Nachlesen im Wörterbuch der Gebrüder Grimm stieß ich auf diesen Satz: "Drei Dinge sind wohlfeil zu Rom: Fieber, Pestilenz und arme Leute," sagte Hutten, der Humanist und Zeitgenosse von Erasmus von Rotterdam. Dabei geht es mir nicht um den Satzinhalt, obwohl der auch einer Betrachtung würdig wäre.
Das Wort "Wohlfeil" taucht nach meiner Erinnerung in so manchen historischen Romanen auf. Diese und ähnliche ausgestorbene Worte machen einen solchen Roman eben sehr authentisch. Es versprüht dadurch eine Art mittelalterlichen Charm.
Warum finde ich das erwähnenswert? Nun, im Radio hat vor ein paar Tagen ein Moderator tatsächlich dieses Wort verwendet. Aber nicht im Bezug auf das Mittelalter, sondern ganz aktuell. Er hat in einem ganz normalen Beitrag einfach das Wort "wohlfeil" verwendet. Zum Glück kannte ich es noch. Vielleicht hätte ich seinen Text sonst gar nicht verstanden.
Bei der Recherche nach diesem Wort finde ich eine schöne Website (www.bedrohte-woerter.de) mit einer "roten Liste" von fast ausgestorbenen Wörtern. "Wohlfeil" taucht dort auch auf.
Gefährdet ist auch "Stelldichein", "Schlachtenbummler" und "Heiermann". Bei manchen Wörtern finde ich es schade, dass sie uns so still und heimlich verlassen haben. Aber Wörter kommen und gehen. Sie tauhen auf, verschwinden und sterben aus. Dabei glauben wir doch, dass wir alles gut festhalten und bewahren können. Ein Brot soll ein Brot sein und ein Schinken ein Schinken. Im Alltag registrieren wir die Veränderungen fast gar nicht. Erst, wenn wir über einen längeren Zeitraum zurückblicken merken wir: "Ach ja! Da hat sich doch viel verändert! Es ist nichts mehr wie früher!" Und du gehst einfach und selbstverständlich mit durch alle Veränderungen.
Das Aussterben gehört zum Leben dazu. Pflanzen, Tiere, Wörter, Menschen, Landschaften und vor allem auch Berufe. Alles landet irgendwann im Museum. Geh doch mal von Zeit zu Zeit da hin und betrachte das Ausgestorbene. Dann beobachte dich selbst dabei, wie "museal" oder "ausgestorben" du vielleicht schon selber bist. Welche musealen Züge gehören zu dir? 
So nebenbei stellst du auch fest, dass sich bestimmte Dinge nicht verändert haben in all den Jahren und Jahrhunderten. Über Rom zu schimpfen und zu lästern gehört zu einer sehr alten Tradition, die bist heute gepflegt wird.
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Freitag, 21. November 2014

Die schwarze Null

Die Bundesregierung hat einen Haushaltsplan verabschiedet mit dem Ziel einer "schwarzen" Null. Wenn es um mein Bankkonto geht dann gibt es eine klare Zuordnung. Bei Minus erscheint "rot" und bei Plus erscheint "schwarz". Das macht auch Sinn. Wenn ich in der Verlustzone bin, dann muss ich aufpassen, dass ich nicht noch weiter absacke. Die Bank hat ja ein Interesse daran, ihr Geld wiederzubekommen. Minus ist rot und plus ist schwarz, schwarz ist sozusagen der grüne Bereich.
Doch was ist denn eine "schwarze Null?" Eine Null ist doch neutral, halt einfach eine Null. Gibt es auch eine "rote Null?" Worin unterscheidet sich eine rote von einer schwarzen Null?
Geht es um einen psychologischen Trick? Eine rote Null hieße dann: "Mit Gefahrenanzeichen zum Minusbereich." Eine schwarze Null müsste ich übersetzen: "Kein Grund zur Sorge, in den Minusbereich wird es nicht rutschen."
Ich freue mich natürlich, dass die Regierung beschlossen hat, den Haushalt konsequent zu konsolidieren. Aber ich frage mich, wie sie mir das verkauft? Wenn sie mir eine "schwarze Null" als etwas Positives verkauft, was eigentlich "Nichts" ist, wie verkauft sie mir dann die anderen Beschlüsse? Ich habe den Verdacht, dass sich hinter all den "schönen" Beschlüssen der Regierungen dieser Welt eigentlich sehr "hässliche" Dinge verbergen. Wenn ich einem Politiker zuhöre dann höre ich zugleich die verborgenen Botschaften: "Was redest du jetzt schön? Was lässt du weg? Was versuchst du zu verbergen?"
In den Märchen wird erzählt von den Wölfen im Schafspelz. Eine "schwarze Null" ist für mich ein Wolf im Schafspelz. Meister dieser Verschleierungskunst sind für mich die Reisekataloge. Und irgendwie machen wir Menschen das alle so. Wir sagen z.B.: "Ich möchte ja nicht stören, aber ich müsste mal eben etwas fragen." Im Klartext: "Ich muss mal eben stören!" Oder: "Eigentlich hat es mir ganz gut gefallen, aber..." Dein ergänzender Gedanke: "Uneigentlich war es eine Katastrophe!"
Die "schwarze Null" ist und bleibt ohne Abstriche eine Null. Wie das inhaltlich bewertet werden kann enscheidest du am besten selber.
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Mittwoch, 19. November 2014

Nein, ich habe keinen Besuch. Das sind alles meine Schuhe.

Ich blieb an diesem Postkartenspruch kleben. Eigentlich bedient es ja nur irgendwelche typischen Frauenklischees bezüglich des Themas "Schuhe". Das ist mir eigentlich ziemlich egal, wer wie viele Schuhe besitzt. Möge jede und jeder mit seinen und ihren Schuhen glücklich werden. Es gibt zahleiche unsinnigere Arten, sein Geld auszugeben.
Ich persönlich gehöre eher zu den Minimalistenin Sachen Schuhe. Ich benötige keinen Schuhschrank, weil ich mich auf ein oder zwei Paar konzentriere und erst dann neue kaufe, wenn die Schuhe quasi von den Füßen fallen.
Kommen wir zurück zum Postkartenspruch. Ich blieb schon bei dem ersten Teil des Satzes hängen. "Ich habe keinen Besuch." Bei mir entstand eine merkwürdige Verknüpfung, die so aussieht: "Leider habe ich keinen Besuch. Ich hätte aber gerne welchen. Und weil ich keinen Besuch bekomme gebe ich mich der Illusion hin und kaufe mir Schuhe. Wenn ich die dann am Eingang hinstelle sieht es so aus, als hätte ich Besuch." Zugegeben! Das ist sehr verquer gedacht. Nach diesem Verständnis geht es also gar nicht um den Besitz von Schuhen sondern um Bewältigung von Einsamkeit.
Das fühlt sich dann an wie "Diner for One". Miss Sophie gibt sich auch der Illusion hin, dass ihre verstorbenen Freunde noch leben indem sie mit ihnen virtuell zu Abend isst.
Wir umgeben uns mit Gegenständen, die eine Illusion oder Scheinwelt erzeugen. Die Tapete beim Griechen suggeriert, wir säßen an der Akropolis. Ein Fest mit Lederhosen und Dirndl in einer  münsterländischen Schützenhalle weckt die Illusion von bayrischer Gemütlichkeit. Die Hunderte von Büchern in meinem Schrank erwecken den Eindruck ich wäre belesen.
Warum also sollte sich nicht jemand Schuhe kaufen und in den Flur stellen damit man denkt, die hat viele nette Kontakte und ständig Besuch?
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Dienstag, 18. November 2014

Im Zweifel für die Freiheit! (Willy Brandt)

Willy Brandt hat dieses Wort geprägt in einem politischen Zusammenhang. Im Zweifel für die Freiheit!
Leichter gesagt als getan. Im Laufe meiner Beratungen kommt es immer wieder vor, dass ich Menschen erlebe, die in ihren Beziehungen sich vorkommen wie in einem Gefängnis. "Mein Mann macht mir nur noch Vorwürfe. Alles mache ich falsch. Ich weiß gar nicht mehr, was ich noch tun soll!" Andere fühlen sich an ihrem Arbeitsplatz völlig unwohl. Der Chef ist eine Katastrophe, Kompetenzen werden entzogen, sinnlose Aufgaben, Arbeiten werden doppelt und dreifach gemacht. Der Arbeitsplatz kann nur noch mit Bauchschmerzen und Widerwillen aufgesucht werden. Krankheitstage scheinen der einzige Ausweg zu sein, dem Elend zu entkommen.
Im Zweifel für die Freiheit? Im Zweifel entscheiden sich leider viele Menschen nicht für die Freiheit. Schon damals in Israel musste Moses sein Volk lange bearbeiten, den Weg in die Freiheit zu gehen und bei den ersten Schwierigkeiten wollten sie zurück zu den Fleischtöpfen Ägyptens.
Manche Menschen halten lieber an ihrer "Sklavenidentität" auch heute noch fest. Sie werden zwar missachtet, beschimpft oder geschlagen. Aber sie haben einen Platz, wo sie hingehören. Die Unsicherheit der Freiheit fühlt sich schlimmer an als das schlimme Elend der Sicherheit. Gibt es da einen Ausweg?
Zunächst einmal braucht es Verständnis. Wer sich im Zustand der "Sklaverei" fühlt hat den Zugang zum "Befreiungsgefühl" verloren. Um also die Freiheit genießen zu können musst du die Sehnsucht nach Freiheit in dir wecken und wach halten. Es muss dich etwas zur Freiheit ziehen und du musst bereit sein, den Preis dafür zu zahlen. Du musst wählen: mehr Sicherheit oder mehr Freiheit.
Wenn man einen jungen Elefanten mit einem kleinen Stock am Boden angepflockt, dann gewöhnt er sich an die Gefangenschaft. Als erwachsener Elefant kann er bedenkelnlos an diesem kleinen Stock angepflockt bleiben. Obwohl er wegen seiner Stärke fliehen könnte macht er es nicht. Es ist nicht in seinem Bewusstsein verankert, dass er eigentlich frei ist.
Wir Menschen fühlen uns oft wie ein solcher Elefant. Wir sind an einem kleinen Stöckchen angebunden, das sich anfühlt wie ein Baum. Und wie der Elefant haben wir das Bewusstsein für die Freiheit verloren. Für die Freiheit müssen wir uns vorher entscheiden, damit sie sich ereignen kann. Also Augen auf, genau hinschauen, um die Ecke denken, das Unmögliche für möglich halten. Die Veränderungen im Denken zulassen und Freiheit einfach mal ausprobieren - wenigstens für einen Tag!

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Montag, 17. November 2014

Verhaltensoriginell!

Ich hörte vor ein paar Tagen dieses Wort bei einer Konferenz. Dabei ging es um ein Kind, von dem man früher gesagt hätte, es sei "verhaltensauffällig." Mir kommt dabei in den Sinn, dass viele Wörter einen Beigeschmack bekommen im Laufe der Zeit. Ein Kind, das in seinem Verhalten auffällt, ist für mich zunächst einmal wertneutral. Es fällt halt auf, weil es macht Dinge macht oder Dinge anders als sonst üblich.
"Auffallen" ist wertneutral. Dafür ein paar Beispiele: Mir fällt auf, dass das Licht noch an ist, obwohl die Sonne scheint. Mir fällt auf, dass ich den Kalender noch nicht umgeblättert habe. Das ist "auffallen" im Sinne von "bemerken". Ein verhaltensauffälliges Kind verhält sich aber nicht einfach auffällig anders, sondern wir hören oft eine Wertung mit: "Das ist nicht richtig! Das Kind stört! Das ist therapiebedürftig! Da mache ich mir Sorgen! Das muss man überprüfen!" Die Alarmglocken springen an.
Wenn ich das gleiche Kind "verhaltensoriginell" bezeichne, dann höre ich eine positive Wertung. Das Kind verhält sich individuell und kreativ. Es findet eigene Wege im Umgang mit den Dingen und mit anderen Menschen. Wir lieben ja alle originelle Lösungen und Originale finden schon mal leichter den Weg durchs Leben.
Als junger Mensch habe ich einmal an ein Seminar besucht und wir saßen alle auf Stühlen in einem Kreis. Alle? Nein, nicht alle! Einer saß anders! Einer setzte sich auf den Boden unter dem Stuhl. Die Sitzfläche diente ihm also als Dach. Der Leiter des Seminars hatte da seine liebe Not. Er wollte tolerant sein und tat so, als sei das ganz normal. Ich konnte mich kaum auf den Inhalt konzentrieren und schaute ständig auf den Teilnehmer unter dem Stuhl. Durch sein Handeln hat er das Seminarsetting völlig durcheinandergebracht. Im Nachhinein fand ich das wirklich verhaltensoriginell. Nie vorher und nie danach habe ich eine solche Sitzposition erlebt.
Vor Kurzem war ich wieder auf einem Seminar. Die Stühle waren hart und unbequem. Von uns wurde erwartet, dass wir drei Stunden am Stück da sitzen sollten. Der Fußboden wäre nicht unbequemer gewesen. Stehen zur Abwechslung wäre auch möglich gewesen. Ich habe mich fürs Dauersitzen auf dem Stuhl entschieden. Schade! "Verhaltensoriginelle" weisen uns darauf hin, dass irgendetwas nicht stimmt im ganzen System. Sie sind feinfühlig und wollen auf diesem Weg eine Veränderung bewirken.
Ich sehe darin die klassische Rolle des Clowns oder des Narren. Da wünsche ich mir für mich und für alle mehr Mut, eine wenig "verhaltensorigineller" zu sein. Auch wenn das manchmal nervt! DAs Leben bekommt so ein wenig mehr Farbe und das ist gut so!
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Sonntag, 16. November 2014

To Go

Alles zu kaufen "to Go" oder noch besser 2Go. Nach dem Kaffee 2Go gibt es inzwischen Auto 2Go, Rewe 2Go, Pralinen, Candys und Pizza 2Go. Interessant sind auch in der Vorweihnachstszeit Christstollen 2Go. Monat für Monat kommen neue Geschäftsideen dazu.
Die Grundidee scheint immer die gleiche zu sein. Im Vorübergehen schnappst du dir das, was du dir einkaufst und konsumierst es auf dem Weg. Du gibst dich der Illusion hin, dabei sehr viel Zeit einzusparen. Während des Weges kannst du also essen und trinken und musst keine überflüssige Pause einlegen. In der Bäckerei fragen sie dich noch: "Zum Mitnehmen oder zum hier Essen?" Sie sind eingerichtet auf die Alternativen: Porzellan oder Pappe. Nicht alles eignet sich für 2Go. Es muss so eingepackt sein, dass du gleichzeitig Finger und Kleidung schonst, den Kaffee unterwegs nicht verschüttest und dennoch einigermaßen ordentlich essen oder trinken kannst.
Wenn ich diese Zeilen schreibe bekomme ich das Bild von Hetze nicht aus dem Kopf. Das Leben findet im Vorübergehen statt. Mir fällt dazu ein, dass hinter dem 2Go durchaus ein Lebenskonzept steckt, dem viele Menschen folgen. Ich auch! Wenn ich die Treppe im Haus heruntergehe, nehme ich etwas mit und lege es unten ab und umgekehrt auch. Jeden Weg nutzen und keine Zeit verlieren! Während ich die Kartoffeln schäle mache ich Telefon 2Go und unterwegs höre ich mit meinem Smartphone einen Potcast 2Go vom WDR3. So schaffe ich mir ein Leben im Turbogang.
Ich übertreibe hier natürlich. Eigentlich liebe ich die Verlangsamung mehrmals am Tag. Nichts 2Go sondern 2Sit. Ich plädiere für den Gegenpol. Wer häufig 2Go't sollte ebenso häufig 2Sit'ten. Genau betrachtet hat unser Leben immer in der Tiefe beide Aspekte. Im Bauch unserer Mütter waren wir einfach nur da über einen langen Zeitraum. Wir schwammen und hatten nichts zu tun. Wir mussten nur Sein. Wenn wir also das Gefühl und den Zustand von Geborgenheit brauchen, dann wäre es gut, hin und wieder den "Schwangerschaftsmodus" zu erleben. Die Geburt war dann unsere erste 2Go Erfahrung. Ab da ist fast das ganze Leben ein 2Go mit regelmäßigen Schlafunterbrechungen. Bedenklich finde ich nur die Einseitigkeit.
Interessanterweise machen im 2Sit die Gedanken dann gerne ihr eigenes 2Go, das wir Grübeln nennen. Auch die Gedanken brauchen von Zeit zu Zeit ein 2Sit. Ich wünsche dir eine gute Balance!
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Samstag, 15. November 2014

Eine Krise kann jeder Idiot haben. Was uns zu schaffen macht, ist der Alltag. Anton Tschechow

In der Regel glauben wir, dass wir uns eine Krise nicht aussuchen. Sie ereignet sich. Sie überfällt uns. Sie bricht in unser Leben hinein. Wir müssen dann irgendwie damit klar kommen und die Krise händeln. Du verlierst deinen Arbeitsplatz, du hast einen gesundheitlichen Einbruch, du bist völlig zerstritten mit deinem Partner, du bist hoffnungslos verschuldet. Wenn du genauer hinschaust gibt es immer vorher schon Anzeichen für eine sich anbahnende Krise. Irgendetwas läuft schief und irgendwann geht es nicht mehr weiter. Die Krise hilft dir aus einer Sackgasse heraus einen neuen Anfang zu machen, weil es einfach nicht mehr stimmte.
Immerhin bedeutet eine Krisensituation Adrenalin pur. Du bist voll konzentriert und gefühlsmäßig sehr gefordert und präsent. Krisen musst du managen, aushalten und letztlich bestehen. Ein Abenteuerurlaub wäre dir vielleicht lieber, aber Ähnlichkeiten sind durchaus vorhanden, wenn man auf den Hormonhaushalt schaut.
Ganz anders hingegen verhält es sich mit der Erfahrung des Alltags. Du hast im Leben deutlich mehr Alltag als Krisen. Jeden Morgen musst du aufstehen und dir dein Frühstück richten. Jeden Tag musst du dich neu für deine Arbeit entscheiden. Jeden Tag verbringst du in der gleichen Wohnung, gehst die gleichen Wege und begegnest den gleichen Menschen. Du freust dich vielleicht sogar über ein wenig Abwechslung.
Selbst der Handelsvertreter mit seinen vielen verschiedenen Wegen und Arbeitsplätzen lebt einen Alltag. Sein Alltag ist die Straße und das Hotel. Wenn du dir dessen bewusst wirst, dass dein Leben viele Parallelen aufweist  mit dem Film: "Und täglich grüßt das Murmeltier!" kannst du schon mal in eine Sinnkrise geraten, was dir wiederum hilft, aus der Alltagsroutine herauszukommen und dich neu auszurichten.
Der Alltag fordert von dir viel Treue, Beständigkeit und Zuverlässigkeit. Darin liegt für mich auch ihr großer Wert. Jedes "gleiche" Frühstück mit Dankbarkeit genießen. Jedem Menschen, dem du täglich wiederkehrend begegnest, immer noch freundlich und zugewandt zu begegnen ist wirklich hohe Lebenskunst. Dem Alltag deine ganze Aufmerksamkeit zu schenken kann bewirken, dass dir so manche Krisen erspart bleiben. Du beugst halt vor! Wenn du im Erleben des Alltags noch dein zufriedenes Herz spürst ist alles in Ordnung. Wenn nicht? Dann wird es Zeit für dich, einen Alltags-TÜV zu starten. 
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Freitag, 14. November 2014

Kuschelgutschein

Ein Kuschelgutschein!
Wem magst du so etwas schenken?
Von wem möchtest du einmal einen solchen geschenkt bekommen?

Hilfe, bloß nicht von Der oder von Dem!
Och, von Der oder Dem schon! Ganz leicht!
Von dir ja, ganz ganz gerne, aber -  traust du dich?
Ich dir einen Kuschelgutschein? Eigentlich ja, aber ich trau mich nicht!
Der Gutschein an sich ist ja ganz nett, aber die Umsetzung...
Ich werde jetzt schon ganz rot!
Ein "Nein" könnte ich nur schwer ertragen!
Wenn du mir schon die Hand geben würdest, wäre das auch in Ordnung!
Ein bisschen über den Arm wäre auch schön!
Muss nicht sein! Von einem Buch hab ich mehr!
In meiner Familie wurde nicht gekuschelt, ich weiß gar nicht wie das geht!
Ist das eine Anmache? Ich steh aber nicht auf dich!
Ist doch ganz natürlich, auch Schweine liegen gerne beieinander.

Wenn ich meinen Kuschelgutschein verschenke
steck ich ihn in einen Umschlag und klebe ihn gut zu.
Dann übergebe ich ihn ein wenig verschämt und sage beiläufig:
"Muss nicht sein, aber freuen täte ich mich!"

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Donnerstag, 13. November 2014

Never Ending Story

Never Endig Story - Eine kurze Zusammenfassung für Erfahrungen, die bestimmt jeder kennt.
Da gibt es in Konferenzen die immer gleichen Themen ohne eine für befriedigende Lösung. Sie tauchen in regelmäßigen Abständen in der Tagesordnung auf und verursachen ein Aufstöhnen: "Nicht schon wieder!"
Du hast den Mitgliedern deiner Familie mühsam beigebracht, dass eine verschlossene Zahnpastatube dich sehr viel glücklicher macht. Eine Woche lang geht alles gut und du kommst ins Bad: Die Zahnpastatube ist offen und du musst dir das Scheitern deiner Erziehungsmaßnahmen eingestehen.
Deine alte Mutter ruft an und erzählt dir sehr gefühlvoll und betroffen von der neuesten Erkrankung der schrecklichen Nachbarin. Du kennst dieses Thema schon. Diese dir fremde Nachbarin ist ständig präsent mit ihrem Gesundheitszustand. "Hilfe! Nicht schon wieder! Wann stirbt sie endlich!"
Im Laufe der letzten Jahre sind mir so manche Konferenzen auf den Keks gegangen. Immer die gleichen Geschichten und Themen ohne handfeste Ergebnisse und Beschlüsse. Du kannst nicht ausweichen.
Welche Themen verfolgen dich? In welchen "Never Ending Storys" bist du verwickelt? Wo grüßt dich ständig das Murmeltier? Wie viele Lösungen hast du schon ausprobiert und wie hoch ist noch deine Fähigkeit, das ewig Gleich auszuhalten?
Manchen Storys kannst du kaum ausweichen. Wenn du Teil einer Firma mit Konferenzen bist wird erwartet, dass du teilnimmst. Die Mitglieder deiner Familie kannst du ja auch nicht erschießen, nur weil sie nicht die Zahnpastatube zudrehen. Da sind andere Lösungen gefragt. Hier kommen meine Vorschläge zum Umgang mit "Never Ending Storys":
1. Kapituliere! Füge dich in das Schicksal und ertrage es einfach! Du hörst auf zu kämpfen und kannst die freigewordene Energie gut nutzen.
2. Steige innerlich aus diese Szene aus und schalte deinen Beobachter ein: "Das kenne ich doch! Ich bin mal gespannt auf die heutige Variante! Vielleicht gibt es ja etwas Neues!"
3. Suche Lösungen auf einer völlig neuen und unerwarteten Ebene. Wie meine ich das? "Ewigkeitsthemen" bei Konferenzen dürfen nur noch im Stehen auf einem Bein verhandelt werden. Zahnpasta kaufst du als Spendenbox mit Selbstverschluss. Deine Mutter fragst du beim Erzählen ihrer Krankheitsgeschichten treu und immer, was sie sich denn nun zum Geburtstag wünscht.
4. Du wiederholst beim Auftauchen jeder Story laut den folgenden Satz: "Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute!" Glaube mir, irgendwann geht allen das Licht auf, dass sie in einer "Murmeltiergeschichte" gefangen sind.
5. Betreibe Bewusstseinsarbeit, indem du deine "Never Ending Storys" als solche enttarnst, entlarvst, aufdeckst und benennst. Es geht dann nicht mehr um eine Zahnpastatube sondern nur eine "Never Endig Story". Du kannst dann neu entscheiden, ob du dabei mitmachst oder nicht. Du kannst dich auch entscheiden, eine Runde auszusetzen.
6. Du gestehst dir ein, dass du diese Dinge auch lieben kannst wie die tägliche Tasse Kaffee und ein frisches Brötchen. Dir wird die Möglichkeit geschenkt Dampf abzulassen und deine Aggressionen auszudrücken. Du darfst dich in Geduld üben und freust dich über die Erleichterung, wenn das Thema für einen Moment gegessen ist. Gefühle der Erleichterung sind wirklich schön!
7. Wegen der Heiligen Zahl 7 müsste ich noch eine weitere Lösung anbieten. Da fällt mir noch die spirituelle Variante ein. Ich wünsche mir auch für mein und für dein Leben ganz persönlich eine "Never Ending Story", auch über den Tod hinaus.
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Mittwoch, 12. November 2014

Seit ich mich auf das Nichts eingestellt habe, fehlt mir nichts. (Johannes vom Kreuz)

Ich stelle mich auf das Mittagessen ein, das vor mir liegt und erwarte etwas, das mir schmeckt: einen köstlichen Salat, frisches Gemüse und einen cremigen Quark.
Ich stelle mich auf eine Geburtstagsfeier ein mit einer fröhlichen Gastgeberin, einem leckeren Essen, einer angenehmen Hintergrundmusik und lockeren Plaudereien mit netten Menschen.
Ich stelle mich ein auf einen entspannten Arbeitstag mit einem guten Maß an sinnvollen Aufgaben, einer kleinen Kaffeepause und gut gelaunten Arbeitskollegen.
Ich habe Erwartungen an das Leben. Ich wünsche mir vieles. Dafür bin ich ja auf diesem Welt gekommen. Ich liebe die Fülle und die tollen Möglichkeiten. Ein wenig Paradies könnte es schon sein und lieber sogar noch ein wenig mehr vom Paradies als der Durchschnitt.
Doch wie gehe ich dann um mit den Enttäuschungen? Der Salat war nicht mehr frisch, das Gemüse verkocht, die Geburtstagsfeier langweilig, der Arbeitstag anstrengend! Wenig Paradies und mehr Hölle!
Jetzt teilt der mittlealterliche Mystiker und Theologe Johannes vom Kreuz mit mir seine Erfahrung: "Seit ich mich auf das Nichts eingestellt habe, fehlt mir nichts." Betörend logisch und herausfordernd zugleich. Ich kenne die kastilische Landschaft in der der Mystiker lebte. Karg und öde! Wer als Ordensmensch eh nichts besitzt in einer armseligen Landschaft mag sich gut arrangieren mit dem "Nichts".
Es bleibt der Stachel der unerfüllten Erwartungen und Wünsche. Ich formuliere den Vers des Johannes für mich stimmiger um dann heißt er: "Seit ich alles willkommen heiße, was Ist und mir entgegenkommt, sind die Wünsche verschwunden." Mit dieser Haltung fehlt mir auch nichts mehr.
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Dienstag, 11. November 2014

Martins Mantel und das Trauma der Teilung

Während meiner langjährlgen Tätigkeit als Seelsorger hörte ich immer wieder den Kern der christlichen Botschaft in folgender Weise. "Das Wesen des Christentums liegt im Teilen!" Regelmäßig brachte diese "Glaubensansicht" mein Gemüt in Wallung. Eltern bringen es ihren Kindern bei, Lehrerinnen ihren Klassen, Priester ihren Gemeinden.
Wenn wir als Kind Besuch bekam von einer Tante und sie brachte eine Tafel Schokolade mit, dann hieß das erste Wort meiner Eltern: "Teilen!" nach dem üblichen "Na, was sagt man denn?!" Schon sehr früh wurde mir deutlich, wer schuldig an dieser Erziehung war. Der Heilige Martin mit seinem sagenhaften roten Mantel. Den Nikolaus gab es zwar auch noch, aber der war eher zuständig für die Frage, ob ich gut oder böse war, und ob ich eine Belohnung verdiente oder eher eine Strafe. Fürs Teilen war der Martin zuständig.
Erst, wenn du teilst, bist du ein wirklicher Christ! Das "Teilen" als Wesen des Christentums ist für mich heute mindestens haarscharf am Kern vorbei! Das Wesen des Christentums besteht geradezu darin, dass du zunächst einmal absolut gar nichts tun musst um richtig zu sein. Du musst weder teilen noch sonst eine gute Tat verrichten. Die erste Botschaft heißt: "Herzlich willkommen! Schön, dass du da bist!" Dann "genießen", "auskosten" und innehalten und bewusstwerden.
Übertragen auf die Tafel Schokolade heißt es: "Schön, dass es dich gibt! Ich mag dich so, dass ich dir gerne diese Schokolade schenken möchte!" Und ich als Beschenkter empfinde einfach nur die Freude darüber, gesehen zu werden und geliebt zu sein. Der Blick, die Worte und das Zeichen drücken die gegenseitige Zuneigung aus.
Das Teilen kommt auch, aber erst viel später. Ich hätte mir damals als Kind gewünscht, den Augenblick der Freude genießen zu dürfen. Für einen Moment bei den Augen der Tante verweilen! Das Papier der Schokolade ein wenig streicheln! Wenn dieser Augenblick vorbei ist, geschieht das Teilen wie selbstverständlich. Mein Herz klebt ja nicht an der Schokolade. Es genießt die Freude der Beachtung!
Ich deute die Martinsgeschichte heilsam für mich um. Der Martin hat den Bettler gesehen und zwischen den beiden kam es zu einer sehr herzlichen und wärmenden Verbundenheit. Der Rest geht niemanden etwas an! Und du? Geh einfach in die Verbindung!
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Sonntag, 9. November 2014

Weite deinen Freiraum!



Es wird eng! Am Ende des Monats schaust du auf dein Bankkonto und bekommst ein beklemmendes Gefühl. Da sind nur noch wenige Geldreserven da und es wird eng für die letzten Tage.
Du hast einen Termin vereinbart und steckst mit deinem Auto im Stau. Du wirst unruhig und schaust ständig auf die Uhr. Noch gibt es einen Puffer, aber wie lang reicht er noch? Irgendwann wird es eng und du weißt nicht, ob du pünktlich an dein Ziel kommst.
Du glaubst dich am Ende deines Lebens. Eigentlich wolltest du noch dieses oder jenes erledigen. Du stirbst und dein Leichnam wird in den Sarg oder die Asche in die Urne gelegt. Sowohl da als auch in der Erde wird es eng.
Dir wird klar, dass du in dieser Woche viele Aufgaben zu erledigen hast. Dein Terminkalender wird voller und voller. Deine Gedanken kreisen um die Anforderungen und du machst dir Sorgen, ob du das alles noch schaffst, was du dir vorgenommen hast. Es wird enger und enger.
Du kommst von der Arbeit nach Hause und bist in Gedanken noch bei den Ereignissen des Tages. Du kannst nicht loslassen und hast dich noch nicht von dem zuvor Erlebten verabschiedet. Zu Hause wirst du überfallen mit Wünschen und Bitten und du merkst, dass du noch gar nicht dazu bereit bist. Du spürst schon körperlich die Enge.
Begleitet wird das Erleben von Enge vielleicht auch dadurch, dass du förmlich vergisst zu atmen oder dass du ganz hektisch, unregelmäßig oder viel zu schnell atmest.
Immer wenn es eng wird bist du nicht mehr gut in dem, was du tust. Du verlierst die Aufmerksamkeit für die Details. Du fühlst dich überfordert. Du verlierst den Überblick. Du bist angespannt. Du bist nicht mehr ganz präsent. Irgendwann versuchst du, alles „so ungefähr“ hinzubekommen, aber eben nur „so ungefähr“. Du hast das Gefühl, als ob du in einen anderen Modus schaltest. Wenn es eng wird, schaltetest du in den Funktionsmodus.
Eng kann es auch beim Kontakt mit Menschen werden. Ist dir folgende Erfahrung vertraut? Da steht dir jemand gegenüber und kommt dir mit seinem Gesicht  näher. Er überschreitet diese imaginäre, unsichtbare und persönliche Körpergrenze immer mehr. Dir wird es unangenehm und du weichst instinktiv einen Schritt zurück. Dein Gegenüber bemerkt nicht einmal dein Unwohlsein und rückt nach.  Du spürst die kurze Distanz förmlich wie eine Bedrohung. Es fällt dir immer schwerer, aufmerksam zuzuhören und du weichst wieder einen Schritt zurück. Was ist dein Impuls? „Es wird mir hier viel zu eng! Rück mir von der Pelle!“
Auf der anderen Seite sprechen wir von engen Freundinnen und einer engen Verwandtschaft. Dann geht es nicht um Einengung, sondern um unser Wohlgefühl bei einer positiv erlebten Nähe. Nicht jede Enge wird also automatisch negativ empfunden.
Die meisten „Engen“ jedoch bedürfen der Aufmerksamkeit und rufen nach einem sehr notwendigen Schritt. Wenn es eng wird, dann brauchst du zuerst einen Freiraum.
Stell dir eine Lehrerin in ihrem Klassenzimmer vor, die von allen Kindern körperlich gleichzeitig bestürmt wird. Sie wird sagen: „Macht mal erst Platz!“ Wenn du zu viele Aufgaben zur gleichen Zeit erledigen musst, dann ist es wichtig, sich zuerst inneren Freiraum und Platz zu verschaffen. Im Freiraum kannst du vom Funktionsmodus in einen entspannten Zustand umschalten. 
Das Leben im Freiraum wird sich verändern. Du bekommst neue Impulse. Die Aufgaben lassen sich leichter bewältigen. Du fühlst dich im Fluss mit den Dingen und alles geht dir leicht von der Hand.
Ich kenne viele Menschen, die einem anderen Lebensprinzip folgen. Sie erledigen erst die vielen einengenden Aufgaben und atmen dann erleichtert auf. Sie gönnen sich erst den Freiraum, nachdem sie es sich „leisten“ können. Ich glaube, das ist ein Irrtum! So bewegst du dich von Anspannung zu Anspannung, von Enge zu Enge und von Erleichterung zu Erleichterung. Irgendwann bist du nur noch froh um die kurzen Augenblicke der Erleichterungen im Lauf der gewohnten Enge.
Wenn du dir zu Beginn des Tages und auch zwischendurch dir Freiräume schaffst, wirst du gut durch den Tag gehen können. Du kannst mit deiner Aufmerksamkeit nach Innen gehen und dir vorstellen, wie du deine Räume ausweitest. Schaffe bildlich gesprochen deinem Herzen Raum, damit es atmen kann. Schon der Psalmbeter kannte diese wunderbare Erfahrung als Dank an Gott. „Als mir eng war, hast du mir’s weit gemacht.“ (Psalm 4)
Mir kommt dieser Vers und auch der Wunsch nach Weitung des Freiraums im „Totenmonat“ November sehr entgegen.  Die Erfahrung vom Verlust eines geliebten Menschen kann das Herz ganz schön eng machen. Das Bewusstsein, dass ich dem Tod immer näher komme und meine Möglichkeiten sich allein dadurch zeitlich immer mehr einschränken kann leicht einen Mangel bewirken. Enge und Angst ziehen ein, überfallen dich, nisten sich bei dir ein und bestimmen deinen Weg.
Du hast es in der Hand. Du kannst eine Entscheidung treffen und für einen Moment innehalten: Stopp sagen und den Herzensraum weiten.  Und wenn dir jemand zu nahe in dein Gesichtsfeld tritt dann kannst du sagen: „Schön, dass du da bist und meine Nähe so schätzt. Aber ein paar Zentimeter mehr Abstand lässt meine Sympathie zu dir noch wachsen.“ Dann atmest du tief ein und füllst Bauch und Brustraum ganz aus mit deiner Gegenwart. Hier stehst du und nimmst den Raum ein, den du brauchst, um gut da sein zu können. 

Freitag, 7. November 2014

N' Scheiß muss ich.

Diesen Satz fand ich auf einer Spruchkarte. Mein erster Impuls war: Der Spruch gefällt mir. Mein zweiter Impuls kam: So etwas sagt man doch nicht! Soll ich diese Karte wirklich kaufen? Ich habe sie gekauft und mich dann gefragt, was ich jetzt damit machen kann. Hänge ich sie mir an meine Spruchkartenwand oder verschenke ich sie. Doch wem kann ich sie schenken? Ich möchte ja niemanden brüskieren!
Da stand ich nun mit meiner Postkarte und wusste nichts damit anzufangen. Ich lese den Text noch einmal und lasse ihn auf mich wirken. "N' Scheiß muss ich." Ja, das stimmt. N' Scheiß muss ich. Ich muss nichts mit dieser Karte anfangen. Ich kann sie liegenlassen oder sofort wegwerfen. Ich kann sie verschenken oder behalten. Ich kann den Text mit Pflaster bekleben oder was auch immer. Ich kann sie zerfetzen oder die einzelnen Buchstaben ausschneiden und neu zusammensetzen. N' Scheiß muss ich.
Ich muss überhaupt erst einmal gar nichts. Da fallen mir die vielen "müssen" und "sollen" Sätze ein, die ich im Laufe des Tages ausspreche und höre. Du musst los, sonst verpasst du den Zug. Du musst da noch anrufen, sonst ist er weg. Du musst heute unbedingt einen Zahnarzttermin ausmachen. Du hast ihn schon so lange verschoben. Du musst, du musst, du musst...
Ich spüre, wie der Ärger in mir wächst. Wenn ich noch zwei Minuten auf die Karte schaue fange ich bestimmt an zu kochen und zu schreien. Aller Ärger will raus über das viele "müssen". N' Scheiß muss ich! Ist doch eine herrliche Therapiekarte?!
Jetzt habe ich die Karte verschenkt an eine Freundin. Die hat sich scheckig gelacht. Genau nach einer Karte mit diesem Spruch hat sie schon lange gesucht. Das Thema ist ihr vertraut. Aber sie ist schon so weit, dass sie darüber lachen kann. So erlöst möchte ich auch gerne mit meinem inneren "Müsser" umgehen können.
Echt wahr, du musst gar nichts. Ich probiere es jetzt auch mal. Statt der Wut, nichts zu müssen, lache ich. Ich habe ja auch gut lachen, weil ich diese Karte jetzt verschenkt habe. Ich "muss" sie nicht mehr ansehen. Ja, ja, n' Scheiß muss ich ;-)
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Sie verlieren 20 Minuten Zeit!

Ich sitze im Radio und höre den Verkehrsfunk. Stau auf einer bestimmten Autobahn mit der Ansage: "Sie verlieren 20 Minuten Zeit!" Merkwürdig, nicht wahr? Wie kann ich denn Zeit verlieren? Woher weiß die Ansagerin das, dass ich Zeit verliere? Ich weiß, was sie meint. Ich komme zwanzig Minuten später an einer bestimmten Stelle an als dann, wenn der Verkehr flüssig ist.
Ich bleibe in meiner Verwirrung. Ich verliere Zeit?! Ich höre, das ich jetzt völlig sinnlos und überflüssig auf der Autobahn stehe, weil es einen Stau gibt. Ich höre Verlust, Verlust von Zeit. So gesehen, verliere ich doch ständig. Ich warte im Restaurant auf das Essen, an der Kasse im Supermarkt usw. Ich verliere jeden Tag ganz viel Zeit.
Stopp! Ich entscheide selber, ob ich verliere oder gewinne! Die Interpretation über mein Leben überlasse ich nicht der Ansagerin des Verkehrsfunk. Ich gehöre zu den Gewinnern. Ich übe fleißig Obertonsingen. Ich betrachte die Landschaft um mich herum. Ich trinke Wasser und höre zwischendurch einen interessanten Beitrag im Radio über das Thema "Zeit". Ich gebe mich der Muße hin und lasse den Druck los. Nichts ist verloren für mich!
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Donnerstag, 6. November 2014

Baby on board

Immer wieder fahre ich hinter Autos her mit dem Aufkleber "baby on board". Klar, ein wichtiger Hinweis, dass ich mich umsichtig im Straßenverkehr verhalte. Ich möchte ja das Leben des Babys vor mir nicht in Gefahr bringen. Es möge gut behütet und geschützt sein, auch durch mein eigenes Verhalten.
Für mich gibt es jedoch noch einen tieferen Sinn. Ich habe ständig mindestens ein "Baby on board". Ich spreche dabei von den kleinen Kindern in meinem Inneren. Mein Kleiner in mir erschreckt sich, wenn ich möglicherweise den Haustürschlüssel vergesse. Dann hat er Angst, ausgesperrt zu sein und die Nacht draußen verbringen zu müssen. Wenn ich das Portemonnaie verlege, hat er Angst, verhungern zu müssen, weil ja das Geld weg ist. Wenn ich unterwegs bin hat er Angst, rechtzeitig ein Hotel zu finden. Wenn ich beim Wandern über eine Kuhweide gehe hat er Angst, vom wilden Stier angegriffen zu werden, weil er Stiere von Kühen nicht unterscheiden kann.
Also, bei mir gibt es ständig ein "Baby on board". Kennst du dein Baby? Weißt du, was es braucht, damit es sich sicher und geborgen fühlt. Wie oft meldet es sich am Tag bei dir und zu welchen Gelegenheiten? Wo sitzt es in deinem Körper? Bei mir sitzt es im Bauch. Wenn da auf einmal Panik oder Angst auftaucht, dann weiß ich schon: Es ist der Kleine in meinem Bauch, der will beruhigt und gestreichelt werden.
Wenn vor mir ein Auto fährt mit dem Aufkleber "baby on board" dann nicke ich freundlich zurück. Bei mir gibt es auch ein "Baby on board". Ich will behutsam sein!
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Mittwoch, 5. November 2014

Hinfallen, aufstehen, Krönchen richten, weitergehen

Und noch ein Kartenspruch! Bei einer Tagung erzählt mir eine Erzieherin, dass im Kindergarten heute alles abgesichert sein muss. Den Kindern darf nichts passieren. Alle Stolperfallen werden beseitigt. Quellen von Verletzungsmöglichkeiten sind ständig im Blick. Spielgeräte werden TÜV mäßig abgenommen. Pädagogisches Spielzeug wurde entwickelt, gefahrlos Gleichgewicht üben zu können. Die Kinder haben keine Möglichkeit mehr, hinzufallen.
Doch, irgendwann fällt jeder mal. Ich erinnere mich an meine Kindheit. Mutter und Vater setzten sich gegenüber auf zwei Stühle und wir liefen zwischen den beiden hin und her. Am Anfang war der Abstand minimal und wurde von Zeit zu Zeit vergrößert. Irgendwann konnten wir schon gut den Abstand laufend überwinden. Dann machst du plötzlich den Fehler! Du schaust auf den Boden und siehst die Mutter in "weiter" Entfernung! Du verlierst dein Vertrauen in deine neuen Fähigkeiten und - fällst! Mutter und Vater zuckt es durch den ganzen Körper! Hilfe, das wollten wir doch verhindern! Unser armes Kind hat sich weh getan! Das Kind bleibt hilflos am Boden liegen und die Welt bricht zusammen!
Ganz so schlimm ist es nicht, aber oftmals haben besonders die Kinder von heute nicht die Möglichkeit, das Fallen und wieder Aufstehen zu lernen. Aber so ist das Leben nun einmal! Du wirst verletzt im Außen und Innen! Dir misslingt mal etwas! Du erlebst die eine oder andere Krise!
Darum gefällt mir der Spruch: "Hinfallen, aufstehen, Krönchen richten, weitergehen!" Hinfallen und liegenbleiben ist schlimmer! Am Boden liegen bleibend fühlst du dich wie ein hilfloser Bettler, besonders in einer Krise. Aber wenn es darum geht, dass du aufstehst und dein "Krönchen" richtest kann dir deutlich werden, dass du ein "König" oder eine "Königin" bist. Dein "königliches" Bewusstsein wird dir helfen, wieder aufzustehen und dich zu deiner ganzen Würde zu erheben. Du hast etwas aus der Krise gelernt! Du hast dich nicht unterkriegen lassen! Dein Weg geht weiter!
Gut, wenn du dies als Kind lernen durftest!
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Dienstag, 4. November 2014

Es glitzert! Es ist sinnlos! Ich will es!

Es ist Postkartenwoche und hier fand ich noch einen Spruch. Er geht mir völlig gegen den Strich! Ich kaufe nichts sinnloses. Da stehen schon genug Nippes im Haus herum. Wenn ich etwas kaufen möchte, dann überlege ich genau: Brauche ich es? Brauche ich es wirklich? Brauche ich es jetzt? Gibt es eine Alternative dazu? Kann ich es mir leihen? Bekomme ich es umsonst? Diese Gedanken haben mich schon manches mal davor bewahrt, Dinge einzukaufen, die ich wirklich nicht brauche.
Mein "hochentwickeltes spirituelles Ego" ;-) steht mir im Weg! "Es glitzert! Es ist sinnlos!" Das genau sagt es mir, wenn ich an all die Glitzerläden vorbeigehe mit dem Schmuck und dem Tand. Wer braucht das ganze Zeug? Mein Ego phantasiert: Frauenkram, Mädchenkinkerlitzchen. Zugleich traue ich mich kaum, diese Zeilen zu schreiben und ich höre die lauten Proteste all derer, die sich an diesem Dingen erfreuen. Okay, ich gebe meinem "hochentwickelten spirituellen Ego" einen Stupser.
Noch einmal von vorne. "Es glitzert! Es ist sinnlos! Ich will es!" Ist doch einfach nur schön, oder? Genießen, gönnen - und einfach sich freuen! Wenn es glitzert, dann glitzert es auch in den Augen und Lebensfreude kommt auf. Als Mann fällt mir das mit dem Schmuck nicht so leicht, aber ich kann es auch übertragen.
Ich sehe ein Stück Kuchen und denke: "Es duftet! Es macht dick! Ich will es!"
Ich sehe ein Buch: "Ich kann darin versinken! Es ist irrsinnig teuer! Ich will es!"
Ich sehe ein Haus: "Es ist großartig, Ich kann es mir nicht leisten! Ich will es!"
Auf den Satz "Ich will es!" kommt es an. Das setzt die Energie frei. Es muss nicht immer alles sinnvoll sein oder vom Nutzen her betrachtet werden. Auch als erwachsene Menschen dürfen wir immer noch spielen und uns freuen. Diese Energie wünsche ich dir für den heutigen Tag.
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Montag, 3. November 2014

Du bist mein Lieblingsmensch

Auch diese Spruch fand ich auf einer Postkarte. Beim googeln entdecke ich auch eine Facebook- Seite dazu und klicke auf "gefällt" mir und teile es mit ein paar Menschen. Auch einen Songtitel finde ich dazu. Stammt dieser Satz von dem Künstler "Dame" mit gleichnamigem Titel?
"Du bist mein Lieblingsmensch". In Liebesromanen gipfelt der Weg der Liebe oft in dem Satz: "Ich liebe dich!" Endlich gibt es die Erlösung, die Auflösung der Spannung. Sie haben sich gefunden! Gott sei Dank! "Ich liebe dich!" klingt so absolut, so endgültig, verheißungsvoll, nach Erfüllung schreiend, nach Sehnsucht und Antwort. Welcher Mensch kann das auf die Dauer aushalten oder erfüllen?
Wenn ich aber sage: "Du bist mein Lieblingsmensch!" vielleicht sogar mit Ausrufezeichen, dann bekommt diese Vorstellung etwas Leichtes. Ich habe eine Lieblingsfarbe, ein Lieblingsessen, ein Lieblingsreiseland und einen Lieblingspullover. Andere Dinge mag ich aber auch gerne. Außerdem wechsle ich manchmal mein Lieblingsessen. Heute ist es Pizza und morgen wird es ein frischer Salat sein. Das bringt mich auf die Idee, den Satz noch ein wenig zu verändern. "Jetzt gerade bist du mein Lieblingsmensch!" Wenn du diesen Satz jetzt gerade liest, bist du es. Du bist jetzt in diesem Augenblick mein Lieblingsmensch und ich habe eine unbändige Freude daran, dass ich gar nicht weiß wer du bist. Das könntest du übrigens auch ändern ;-)
Mir fällt ein, dass ich mehrere Lieblingsmenschen habe. Da orientiere ich mich an den Kindern. Wenn du sie fragst nach ihrem Lieblingsessen, dann zählen sie oft mindestens zwei oder drei Dinge auf. Warum also nicht mehrere Lieblingsmenschen haben? Auf der Facebookseite triffst du im Augenblick 59732 "Lieblingsmenschen". Vielleicht kannst du ja dabei helfen, dass die Gemeinschaft wächst. Jeder und jede könnte zum Lieblingsmenschen werden.
P.S. Gott sagt zu dir auch: "Du bist mein Lieblingsmensch!" Er sagt es zugleich zu allen Menschen!
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