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Sonntag, 8. Februar 2015

Was grübelst du?



Grübelst du manchmal oder sogar öfter? Ist das für dich in Ordnung oder erlebst du deinen Gedankensalat eher als Behinderung und Einschränkung? Ich selbst grüble viel und ich versuche gerade für mich zu diesem Thema einen neuen Zugang zu finden.
Ich lege dann mal los. Etymologisch hat „grübeln“ zunächst einmal etwas mit „graben“ zu tun. Sehr aufschlussreich! Wir graben sozusagen in unseren Gedanken herum wenn wir grübeln. In meinen Beratungen erlebe ich es sehr häufig, dass Menschen ständig graben und herumwühlen in ihrem Sorgenkarussell und gar nicht mehr aussteigen können.
Entweder gehen die Gedanken in die Vergangenheit mit Fragen wie: Habe ich das richtig gemacht? Warum hat der so reagiert? Warum passiert mir so etwas? Hätte ich etwas anders machen können? Warum-Fragen sind übrigens sehr beliebt. Das gleiche Erlebnis wird immer wieder von vorne nach hinten durchgespielt und nach Auswegen und Alternativen gesucht.
Die andere Möglichkeit besteht darin, dass die Gedanken in die Zukunft gehen. Was soll ich in dieser Situation nur machen? Wie sage ich es? Wem sage ich es? Kann ich das allein entscheiden? Was sagt der oder die dazu? Auch hier werden ständig neue Szenarien entwickelt und ausprobiert.
Egal ob Vergangenheit oder Zukunft. Ständig kreisen die Gedanken. Sie hören nicht auf! Sie hindern dich beim Einschlafen und lassen dich mitten in der Nacht aufschrecken. Die Gedanken wiederholen sich und weiten sich so stark aus, dass du den Bezug zur Gegenwart schnell verlierst. Grübeleien können dein Leben ganz schön einengen!
Inzwischen gibt es ganz hilfreiche Strategien aus diesem Sumpf. Dazu gehört  es, zu den Gedanken einfach „Stopp“ zu sagen. Achtsamkeitsübungen können helfen oder du schreibst alles auf und führst ein Tagebuch. Du kannst Grübelzeiten reservieren und sie allerdings auf eine halbe Stunde beschränken. Du kannst dich ablenken oder ins Handeln gehen. Interessant fand ich den Hinweis, dass Frauen eher zum Grübeln neigen und Männer nach der Devise leben: Dübeln statt grübeln.
Alle Hinweise, dich ich bislang fand, hatten ein Ziel: Weg mit dem Zeug! Du musst es überwinden! Diese vielen kreisenden Gedanken sind ja auch wirklich lästig. Sie kleben an dir wie eine Klette und du kommst dir dabei vor wie ein Maulwurf, der ständig im eigenen Gehirn gräbt und nie mehr das Licht sieht. Beobachte mal von außen die Sätze und stell dir dabei zwei Papageien vor! Die quatschen immer das Gleiche!
So weit mal der erste Schritt. Häufig steht im Hintergrund des Grübelns ein merkwürdiger Glaubenssatz der da heißt: „So wie ich bin, bin ich nicht richtig.“ „Ich muss etwas ändern!“ Wenn du dich „richtig“ fühlen würdest, dann gäbe es keinen Grund, irgendetwas zu verändern. Warum solltest du verzichten oder dieses oder jenes tun. Wenn du so richtig „richtig“ bist, dann bist du einfach richtig und es gibt nichts weiter zu tun.
Vielleicht gibt es nichts zu tun in den kommenden Wochen, aber zu bedenken, zu begrübeln! Weil sich die wichtigen und unwichtigen Dinge fast immer in unserem Kopf abspielen könnte ich ja mal auf das Grübeln verzichten. Wenn das mal ginge! Dann habe ich mir meinen ganz normalen Alltag vorgestellt. Wie viel Zeit verbringe ich damit, das Vergangene zu bedenken und das Zukünftige zu planen? Das ist ja auch ganz normal. Nur, wann hört das Denken auf und wann fängt das Grübeln an? Manche Grübelexperten meinen, dass das Grübeln schon anfängt nachdem man innerhalb von fünf Minuten keine Handlungslösung gefunden hat.
Es mag also durchaus hilfreich sein, den Grübeleien eine Grenze zu setzen. Wenn du nicht mehr schlafen kannst leidest du wirklich und hast konkreten Handlungsbedarf.
Gehen wir noch einmal zum Ausgangspunkt zurück. Grübeln ist im Prinzip nicht gut und du brauchst eine Taktik oder Strategie um damit aufhören zu können. Stimmst du mir zu?  
Ich mir nicht! Jetzt stelle ich einfach mal ein paar alternative Ideen in den Raum, die grundsätzlich einen anderen Zugang wählen. Mir fällt das Lied ein: „Guten Morgen liebe Sorgen seid ihr auch schon alle da.“ Auch wenn der Zugang eher ironisch gemeint ist verführt er mich zu einer Idee. Heiße doch mal dein Grübeln willkommen. Sag: „Guten Morgen liebe Grübelgedanken.“ Ohne Ironie! Mit echter Neugier! Beobachte sie! Wie sehen sie aus? Wie fühlen sie sich an? Wo sitzen sie? Wann werden sie stärker und wann werden sie schwächer? Wann kommen sie gerne und was mögen sie gar nicht?
Der erste wichtige Schritt heißt also: Ich heiße alle meine Grübeleien willkommen. Sie sind ein Teil von mir. Sie gehören zu mir! Sie fühlen sich vielleicht an wie eine Warze, aber sie sind ein Teil von mir. Wenn sie ein Teil von mir sind, dann kann ich ja mal näher hinschauen und „Hallo“ sagen. Ich gehe davon aus, dass die Grübeleien wie auch die Liebe in mir gute Absichten haben. Sie wollen mich unterstützen und mir beistehen. Du sagst also „Hallo!“ zu ihnen und bedankst dich für ihr Dasein.
Es kann sein, dass du manchmal so sehr in deinen Grübeleien vergraben bist, dass du nicht mehr „Hallo!“ sagen kannst. Du identifizierst dich zu stark mit deinem Grübeln.
Um „Hallo!“ zum Grübeln zu sagen braucht es Bewusstheit. Wenn du auf deine Gedanken von außerhalb schaust dann nimmst du sie wahr als ein Gegenüber. Es ist sinnvoll, die Grübeleien zu begrüßen, wenn du nicht gerade darin versunken bist. Wenn es dir gut geht und du gerade nicht denkst dann könntest du vielleicht mal Folgendes sagen: „Hallo liebes Grübeln. Hast du gerade mal Zeit für mich? Ich hätte da mal was mit dir zu besprechen.“
Und dann machst du eine echte Konferenz, eine innere Familienkonferenz. Mit Tagesordnungspunkten! Mit Absprachen und Vereinbarungen. Nimm dein Herz und deine Seele mit an den Verhandlungstisch und achte darauf, dass alle sich zu Wort melden können.
Es kann dann sein, dass du wertvolle Erkenntnisse bekommst. Ich habe zum Beispiel festgestellt: Die Gedanken drängeln sich oft einfach nur vor! Sie versuchen etwas zu bedenken, wo eigentlich das Fühlen die bessere Alternative gewesen wäre. Du fühlst dich z.B. traurig, weil du übersehen wurdest. Und statt zu fühlen fängst du an zu denken. Warum? Wieso? Weshalb? Wenn du durch deine innere Familienkonferenz jetzt klüger geworden bist, wird das Denken sich zurückziehen und die Gefühle werden einfach mal durchgefühlt. Mir kommt es manchmal so vor, als würden wir lediglich die falschen Werkzeuge benutzen.
Du versuchst, mit dem Messer Nägel in die Wand zu hauen anstatt den Hammer zu nehmen. Das Messer liegt halt griffbereit. Der Hammer wäre geeigneter.
Wenn du also zu viel grübelst dann könnte es sein, dass du das falsche Werkzeug benutzt hast. Mehr fühlen, weniger denken! Die Kunst besteht darin herauszubekommen, welcher Anteil in dir gefragt ist. Das Denken, das Fühlen, das Herz, die Seele, der Geist, die Tat? Und manchmal musst du es gut kombinieren.
Komme einmal mit deinen Grübeleien mehr ins Gespräch. Interessiere dich für sie! Sage willkommen und suche einen Platz, der stimmig ist. Kämpfe nicht dagegen an.
Herr oder Frau „Grübel“ weiß genau, ob er oder sie ausgebotet werden soll oder bleiben darf. Meine Erfahrung ist die, wenn ich die Grübeleien aushebeln will, klappt es nicht. Ich müsste mich ja quasi selbst übertölpeln. Wenn ich mich ablenke um nicht zu grübeln sagen die Gedanken: „Hilft nichts! Wir sind noch da! Wir kommen wieder!“ 
Manchmal sage ich zu ihnen: „Denkt mal was neues! Diese Schleife kenne ich schon! Oder soll ich mal den Hammer fragen?“ Dann wissen meine Gedanken schon, wie ich das meine und grinsen sich einen!

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