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Sonntag, 31. Juli 2016

Der Lack ist ab - der Glanz vergeht

Ulaubsimpressionen 5

Es ist Sommer. Im Fenster unseres Ferienhauses in Holland hängt noch ein Stern aus der Weihnachtszeit. Ein Zacken hat sich vom Fenster gelöst. Die Farben verblassen. Der Glanz vergeht. Es ist halt Sommer und Weihnachten ist längst vorbei. Na ja, bis zum nächsten Weihnachtsfest dauert es ja auch nur noch knapp ein halbes Jahr. Jetzt könnte er auch ruhig noch hängen bleiben.
Vielleicht handelt es sich aber auch gar nicht um einen Weihnachts- sondern eher um einen Ganzjahresstern.
Jedenfalls erinnert mich der Stern am Fenster im Hochsommer an eine wichtige Erkenntnis. Die Dinge zum richtigen Zeitpunkt loszulassen und zu verabschieden. Da gibt es Hosen in meinem Schrank, die ich schon lange nicht mehr angezogen habe. Da stehen Tassen im Schrank, aus denen nie getrunken wird. Bücher, die ich nie gelesen habe und nie lesen werde. Wo siehst du die "Weihnachtssterne" im übertragenen Sinne in deiner Wohnung? Was könnte gut mal entsorgt werden?

Der Stern im Fenster macht mich aber auch aufmerksam auf die inneren Erlebnisse und Ereignisse, die noch in mir wirken und die ich nicht loslasse. Weil ich es noch nicht bewusst gemacht habe. Oder weil es mir bisher gar nicht aufgefallen ist. Oder weil ich es einfach nicht kann. Da hat mich mein Partner gekränkt und diese Kränkung bekomme ich einfach nicht aus dem Kopf und aus dem Herzen. Da klebt sie nun wie ein verblassender Weihnachtsstern in meiner Seele. Wenn ich da mal so richtig hinspüre, dann bemerke ich viel Zeug! Da könnte ich gut mal aufräumen und abhängen. Wenn das Zeug nur nicht so kleben würde!

Wie werde ich die "inneren Weihnachtssterne" los? Ich brauche sie doch gar nicht mehr. Sie passen nicht in die Zeit. Nicht in mein jetziges Leben. Sie sind Ballast. Überflüssig. Behindernd. Trotzdem werde ich sie nicht los. Ich verabschiede sie irgendwie, aber sie kommen durch die Hintertür zu mir zurück. Wie bei einem PC ziehe ich ein neues Betriebssystem auf und anschließend wirkt zugleich das alte im Hintergrund und verlangsamt meine Programme.

Es ist Sommer. Ich habe Urlaub! Ich kann mal einfach hinspüren und mit den "inneren Weihnachtssternen" ganz persönlich reden. Ein wenig verhandeln. Mit Geduld und Verständnis. Vielleicht geht ja auch schon ein wenig lockern. Manche verziehen sich auch freiwillig nach einem Gespräch. Manche bleiben auch. Aber ich gewichte sie nicht mehr so.
Ich schaue auf den Weihnachtsstern in meinem holländischen Ferienhaus und freue mich über den Zacken, der schon das Festkleben aufgegeben hat. Ich kann auch dran vorbeischauen. Ich sehe noch genug! Den Weg, die Bäume und denjenigen, der da kommt. Es muss nicht perfekt sein. Einem Oldtimer sieht man auch die Jahre an und hat Verständnis für die eine oder andere Schramme. Gelassenheit dem "Zeug" im Inneren gegenüber ist schon ein ganz wichtiger Schritt im Prozess des  Loslassens. Damit bin ich zufrieden. Ich habe ja schließlich Urlaub!
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Samstag, 30. Juli 2016

Einmal ein Pömpelkönig!




















Urlaubsimpressionen 4

Ich besuche Amersfort in Holland. Am Ende einer Fußgängerzone wird die Straße abgesperrt mit einem Pömpel, der heruntefährt, wenn ein Auto kommt. Ein kleiner Junge macht sich einen Spaß daraus, damit Fahrstuhl zu spielen. Ein wenig balancieren. Das Gleichgewicht halten. Oben ankommen und die Arme hochreißen. "Ich habe es geschafft!" "Ich bin der Pömpelkönig!"

Manchmal habe ich eine Aufgabe vor mir, die mir noch nicht vertraut ist. ich weiß nicht, ob ich das hinbekomme. Ich fange die Arbeit unsicher an und laviere mich da irgendwie durch. Dann nimmt das Ganze Fahrt auf und ich versuche, das Gleichgewicht zu halten. Am Ende, wenn ich es geschafft habe, reiße ich auch die Arme hoch und rufe innerlich: "Hurra!" Dann bin ich auch ein Pömpelkönig. Nur für einen Moment. Die nächste unbekannte Aufgabe wartet schon auf mich.

Der Junge von Amersfort übt sich schon mal ein, wie eine "Heldenreise" funktioniert. Sich den Herausforderungen stellen. Die Angst überwinden und mutig etwas anpacken. Die ersten Krisen meistern. Im Gleichgewicht bleiben. Etwas schaffen. Und am Ende die Arme hochreißen in dem Bewusstsein, etwas geschafft zu haben. Aber vor allem zeigt er mir etwas ganz wichtiges: Einfach Spaß und Freude haben an den einfachen Dingen, die an der Straße des Lebens liegen! Und davon wünsche ich mir mehr und dir auch ganz viel!
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Freitag, 29. Juli 2016

Neckische Botschaft von Blond Amsterdam

Urlaubsimpressionen 3

Im Regal unseres Ferienhauses steht eine Zuckerdose von "Blond Amsterdam" mit dem Bild einer Torte und den Worten "bla bla bla". Erinnerungen steigen in mir auf.
Ich sitze draußen gemütlich mit der Familie vor einem Café. Wir plaudern über dieses und das. Nichts Weltbewegendes. Wer ist gestorben? Wer hat sich gerade wo etwas gekauft? Wer ist krank und wieder gesund? Da taucht vor meinem inneren Auge die Zuckerdose von "Blond Amsterdam" auf: Bla, bla, bla.
So ist das doch oft im Leben, nicht wahr? Du machst Konversation. Smalltalk. Bla bla bla - Gespräche. Es geht um nichts. Trotzdem führst du solche Gespräche - am Frühstückstisch, im Café, während der Autofahrt und in den Pausen am Arbeitsplatz. Bla, bla, bla...
Ich lese diese Worte auf dieser Zuckerdose. Regt sich bei dir gerade ein Widerstand? Ein Protest? Nach dem Motto: "Ich führe auch oft solche Gespräche, aber die sind auch wichtig. Es ist wichtig, über das Leben, die Ereignisse und die Gefühle zu sprechen. Sich austauschen und auf dem Laufenden sein!"
Ich lese wieder die Worte auf der Zuckerdose: Bla, bla, bla. Zuerst habe ich auch die Entwertung gelesen. Da verurteilt jemand die Haltung von lockeren Gesprächen bei einer Tasse Kaffee. Doch schnell legt sich mein eigener innerer Widerstand und ich bekomme eine Zustimmung. Bei "Bla bla bla" Gesprächen geht es nicht in erster Linie um den Inhalt, sondern um die Herstellung von Verbindung. Ich mache Beziehungsarbeit. Ich pflege Kontakte. Ich vergewissere mich, dass meine Familie mich noch mag und dass ich mich auf Freundin und Freund verlassen kann. Hauptsache reden, was auch immer. Und zwischendurch sich freundlich anschauen. Einen Augenblick schweigen. Sich zunicken und die Bestätigung bekommen: "Ja, ich bin dir immer noch gut. Unsere Beziehung hält!" Um das zu erreichen benötigst du mindestens ein Pfund "bla, bla, bla" - oder so viel Zucker, wie in diese Dose passt.
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Donnerstag, 28. Juli 2016

Don't wait for the perfect moment - take the moment - make it perfect

Urlaubsimpressionen 2

Bei meinem "Besuch" der Toilette während des Haussittings lese ich auf dem Plakat an der Tür: "Warte nicht auf den perfekten Moment - nimm den Moment - mach ihn perfekt".
Der Himmel ist bedeckt. Es sieht nach Regen aus. Eigentlich wollten wir mit dem Rad los. Die Wetter App prognostiziert eine Regenwahrscheinlichkeit von 50% um 13.00 Uhr. Tendenz zum Nachmittag steigend. In fernen Zeiten ohne Smartphone habe ich einfach nach draußen geschaut. Es ist trocken. Dann kann ich ja fahren. Wird schon gut gehen. Die Wetter App verführt mich dazu, auf den richtigen Moment zu warten. Zwischen den Prognosen den besten Augenblick zu wählen um trocken zu bleiben. So werde ich zum Sklaven einer Wetter App. Ich begebe mich in Abhängigkeit von Prognosen.
Ich tanke nicht mehr, wenn der Tank leer ist, sondern wenn Preisreduzierungen prognostiziert werden. Ich kaufe Geschirr auf Vorrat, weil es gerade im Angebot ist. Oder ich warte, bis es noch eine zusätzliche Reduzierung gibt. Das Warten auf den perfekten Moment kostet Energie und Zeit. Energie und Zeit, die ich nicht mit einkalkuliert habe. Während ich spekuliere, ob die Wetter App richtig liegt oder sich irrt, vergeht meine kostbare Lebenszeit. Beschäftige ich mich mit sinnlosem Zeug. Füttere mein Gehirn mit überflüssigen Gedanken. Während dieser Zeit hätte ich mit dem Rad schon drei Runden um den Block drehen können.
Wenn ich den Moment nehme, der gerade im Jetzt da ist - was geschieht da eigentlich? Jetzt in diesem Moment habe ich Lust aufs Radfahren. Jetzt in diesem Moment habe ich Kraft und Energie. Auf und einfach los! Nur wenige Augenblicke später ist dieser Moment vorbei. Es schleichen sich Gedanken ein, die meine Ausfahrt verhindern werden. Der Gedanke an Regen. An möglicher Erschöpfung. An was auch immer. Nur der jetzige Augenblick enthält die Energie, die es braucht, um die Dinge zu tun, die ich tun möchte.
Es ist wichtig, diesen Moment wirklich zu "nehmen". Aktiv zuzugreifen. Initiativ werden! Aufstehen und loslaufen. Den Schwung nutzen. Und wenn ich aufgebrochen bin, dann habe ich schon gefühlt mehr als die Hälfte geschafft!
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Mittwoch, 27. Juli 2016

Das Leben ist eine Reise - genieße es!

Urlaubsimpressionen 1

Ich mache Urlaub in den Niederlanden. Freunde haben uns ihr Haus zur Verfügung gestellt. Urlaub mit Haussitting. Ganz schön! An unserer Gästetoilette hängt ein Plakat, das mich daran erinnert, wozu ein Urlaub wichtig sein kann.
Bei meiner "Sitzung" hänge ich an dem Wort "Life is a journey - enjoy it". Das ganze Leben ist also eine Reise. Nicht nur der Urlaub. Im Urlaub schlafe ich in fremden Betten, koche mit mir nicht gehörenden Töpfen und atme Luft, die ich sonst nicht atme. Mein ganzes System signalisiert mir: Ich bin ein Gast (wenn ich mich wohlfühle) oder ich bin ein Fremder (wenn ich mich nicht wohlfühle). Im Urlaub muss ich nichts reparieren. Mich um keine kaputten Dachrinnen kümmern. Ich muss nicht nett zu den Nachbarn sein und suche nicht nach haltbaren und langfristigen Lösungen für mögliche Probleme. Ich bin ja schließlich auf der Reise. Ich bin gekommen vor ein paar Tagen und ich werde wieder fahren in ein paar Tagen. Ich darf den Alltag loslassen und einfach genießen.
Jetzt bin wieder im Alltag und der Spruch bleibt: "Das leben ist eine Reise - genieße es!" Ich lebe wieder in den eigenen vier Wänden und die Wäsche ruft mir zu: "Mach mich sauber!" Mein Rasen möchte gemäht werden und Wohnung will vom Staub befreit werden. Ich werde mich hier für längere Zeit einrichten und langfristig und nachhaltig die Dauer einplanen.
Halt Stopp! Das Leben ist eine Reise! Wenn das Leben eine Reise ist, dann könnte ich ja mal so tun, als wohnte ich im Alltag wie in einer Ferienwohnung. Nur mit ein paar Tagen Verlängerung. Nur ein paar Tage! Nicht länger. Selbst in meiner auf Dauer eingerichteten Wohnung bin ich nur Gast oder je nachdem auch mal ein Fremder. Ich werde dieses Haus verlassen! Ich werde mich um die Dinge, die anstehen, kümmern. Aber ich werde keine Lösungen suchen für die Ewigkeit. Ich werde Lösungen suchen, die mich dabei unterstützen, weiterhin zu genießen.
Der Urlaub führt dich thematisch hin zu den Übergängen und zum Vorläufigen des Lebens. Du erinnerst dich daran, dass du ja auch improvisieren kannst und eigentlich mit wenig auskommst. Im Alltag lebst du in der "Illusion" der Beständigkeit und Sicherheit, die es gar nicht gibt. Also richte dich darauf ein und lehne dich zurück. Das Leben ist eine Reise - genieße es!
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Dienstag, 26. Juli 2016

Geh deinen eigenen Weg und schlag nicht den Pfad eines anderen ein. (aus Ägypten)



Den eigenen Weg zu gehen ist gar nicht so leicht. Nur du weißt, welcher Weg der für dich richtige ist. Was für einen anderen Menschen gut ist, ist es noch lange nicht für dich. Ich höre oft den Satz: "Wenn ich dir einen guten Rat geben darf...." Nein, darfst du nicht! Hör auf, Ratschläge zu geben. Warte lieber bis zu gefragt wirst und gib deine Hinweise so, dass sie ein Angebot und eine Einladung sind. Erzähle nur von dem Weg, den du gegangen bist. Erzähle von deinen Erlebnissen und Erfahrungen und überlass es dem Anderen, daraus die eigenen Schlüsse zu ziehen.
Wenn du deinen eigenen Weg gehst kannst du stolpern, in die Irre gehen, dich verlaufen, einen ungewollten Umweg einschlagen, in die Sackgasse geraten, dich ins Unglück stürzen. Alles ist möglich. Na und?
In der Sackgasse kannst du Erfahrungen sammeln und umkehren. Hinter dem Verlaufen gibt es die Korrektur, der Sturz ins Unglück wird ein Ende finden. Den eigenen Weg zu gehen heißt, wirklich Ja zu sich selbst zu sagen und die Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen. Geh deinen Weg und schlag nicht den Pfad eines anderen ein. Ich wünsche dir den Mut dazu für jeden Tag.


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Montag, 25. Juli 2016

Das Herz hat seine Gründe, die der Verstand nicht kennt. (Blaise Pascal)

Zu mir kommt eine Frau in die Beratung. "Mein Mutter ist alt geworden. Ich mache mir wirklich Sorgen um sie. Sie kann sich kaum noch selbst versorgen. Was ich ihr auch sage, alles lehnt sie ab. Dabei ist sie noch ganz klar im Kopf. Es wäre doch viel vernünftiger, wenn ein Pflegedienst käme, oder wenigstens Essen auf Rädern. Wenn ich mit ihr über ein Pflegeheim spreche, dann will sie nichts davon wissen. Was soll ich ihr nur noch sagen?"
Ich erlebe oft, dass jemand zu mir kommt mit einem Problem und gute Lösungen weiß. Alles logisch, alles klar durchdacht, alles wirklich vernünftig. Alle Wenn und Aber wurden durchleuchtet. Alles Für und Wider wurde hin und herbewegt.
Trotzdem bleibt da eine Unsicherheit. Irgendetwas stimmt nicht. Warum folgst du nicht einfach dem Verstand der das alles so toll durchdacht hat? Ich habe da immer einen ganz kurzen Satz: "Das hast du vollkommen durchdacht..., aber es fühlt sich falsch an!" Da liegt der Haken. Das Herz sagt "NEIN". Das Herz fühlt etwas. Das Herz stellt andere Fragen. Es fragt sich zum Beispiel: "Bin ich glücklich mit dieser Lösung!" "Kann ich damit leben?" "Bin ich da mit mir in Übereinstimmung?" "Erfüllt die Lösung meine Bedürfnisse?" "Ist es sicher genug?"
So mag es ganz logisch sein, für die alt gewordene Mutter ein Betreuungskonzept zu entwickeln, welches den körperlichen und geistigen Bedürfnissen entspricht. Aber ist Mutter damit glücklich? Fühlt es sich für sie "richtig" an?
Das Herz hat seine Gründe, die der Verstand nicht kennt. Wenn du eine Lösung für ein Thema suchst, dann befrage beide Institutionen in deinem Inneren. Befrage zuerst dein Herz und dann bitte den Verstand um Unterstützung, dafür auch "vernünfige" Gründe zu finden. Du wirst überrascht sein zu welchen Lösungen du kommst.
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Samstag, 23. Juli 2016

Nicht gleich sondern jetzt!


Kennst du die Erfahrung vertröstet zu werden? Als Kind hast du deiner Mutter zugerufen: "Mama, komm mal!" Und deine Mutter hat geantwortet: "Ja, gleich!" Und dann? Sie war so beschäftigt und kam nicht.
"Gleich!" Diese Antwort habe ich schon so oft gehört beim Dialog zwischen Eltern und Kindern. In der Alltagswelt gibt es auch Vertröstungen. "Mal sehen!" "Später!" "Das müssen wir uns noch genauer anschauen!" "Da kann ich Ihnen im Augenblick gar nichts zu sagen!" "Es ist noch zu früh!" "Es ist leider schon zu spät!"
Du wirst hingehalten! Du drehst noch eine Schleife und hoffst auf eine baldige Antwort. Die Antwort kommt aber nicht. Du wartest! Warten ist ein schrecklicher Zustand. Denn in der Zeit des Wartens bist du emotional blockiert. Du kannst dich nicht auf andere Dinge konzentrieren. Du unterbrichst dein Leben und kommst dir vor wie im Nebel. Deine Lebenszeit verrinnt und du nimmst am Leben selbst nicht mehr teil. "Gleich!" ist ja eigentlich schon sehr bald. Gleich ist sehr nah dran an der Gegenwart, aber wie nah? Eine Minute? Eine Stunde? Zwei Stunden? Auf jeden Fall kürzer als "Später". Bei "Später" richte ich mich auf das Warten ein und kann in der Zwischenzeit etwas anderes machen. Aber bei "Gleich!" Das ist ein Moment, ein Augenblick, Zeit für ein Glas Wasser und den Gang zur Toilette. Aber dann? Dann muss "Gleich!" sich erfüllen.
Manchmal wird aus dem "Gleich!" aber auch ein "Jetzt!". "Jetzt mein Kind, bin ich für dich da! Dein Warten hat ein Ende. Es war nicht vergeblich! Jetzt schenke ich dir meine Aufmerksamkeit, mein Ohr und mein Herz!"
"Jetzt!" - Ein wirklich befreiendes Wort. Der Kranke wartet auf die befreiende Botschaft vom Heilwerden. Der sehnsuchtsvoll Liebende wartet auf die erfüllende Antwort seiner Geliebten. In das "Jetzt!" kannst du alle Anspannungen fallen lassen. Du kannst dich zurücklehnen. Du wirst etwas los, das du nicht mehr behalten musst. Du möchtest etwas sagen, teilen, loswerden, bekommen. Das "Jetzt!" erfüllt ein ganz wichtiges Bedürfnis wie Sicherheit oder Freude.
Das "Jetzt!" fordert dich geradezu heraus nicht in das Gestern, in den Tod zu gehen und auch nicht in die Warteschleife des Morgen. Jetzt darfst du leben!
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Freitag, 22. Juli 2016

Du kannst dein Leben immer wenden!


Damals kämpften die Israeliten gegen die übermächtigen Philister. Ein Zweikampf gegen Goliath sollte alles entscheiden. Jeder kennt die Geschichte, wie David den Goliath besiegte mit seiner Steinschleuder. Der Stein brachte die Wende. Wie wäre die Geschichte der Israeliten verlaufen ohne David und seine Steinschleuder? Der Stein wurde zum Zeichen und Symbol, der den Wandel brachte von Resignation zu Zuversicht und Hoffnung.
Ich habe festgestellt, dass viele Menschen im übertragenen Sinne auch "ihren" Wendestein im Leben erfuhren. Da kam der Brief mit der Zusage für eine lebenslange Berufsanstellung. Da gab es ein Erschrecken bei einem Beinahe- Unfall, das Wachwerden und die Dankbarkeit dafür, dass das Leben noch eine neue Chance gab. Da gibt es die Frau, die bei einer Party, zu der sie gar nicht gehen wollte, den Mann ihres Lebens fand. Da bekommt das Kind nach einer Kette von Misserfolgen in der Schule endlich einen Lehrer, der genau der richtige Begleiter ist.
Kannst du den "Wendestein" deines Lebens benennen? Gibt es vielleicht sogar mehrere davon?  Oder wartest du noch darauf? Wie kann ein solcher Stein in dein Leben kommen?
Ich glaube, dass diese Steine, die die Wende bringen, ständig in unserem Leben auftauchen. Wir erkennen sie nur oft nicht, weil wir nicht aufmerksam genug sind für die uns zugedachten Zeichen am Weg. So wünsche ich dir offene Augen und ein wachsames Herz für das Kleine und Unscheinbare, dass deinem Leben die positive Wendung gibt.

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Donnerstag, 21. Juli 2016

Du weißt nicht, wie schwer die Last ist, die du nicht trägst. (aus Afrika)

Manchmal ertappe ich mich dabei, wie ich stöhne. Ich trage so viel Verantwortung! Ich muss so viel im Leben entscheiden! Niemand nimmt mir meine Arbeit ab. Ich muss gut aufpassen, dass ich mich nicht übernehme und dass ich nicht ein Opfer von Stress und Überlastung werde.
Ich verteidige meine Ruhephasen mit aller Geschicklichkeit und Energie. Ich lasse keinen mir zustehenden Urlaubstag aus. Ich lerne, "Nein" zu sagen und übe schön regelmäßig.
"Du weißt nicht, wie schwer die Last ist, die du nicht trägst." Das bringt mich auf eine Idee. Ich könnte es noch viel schwerer haben. Die Verantwortung könnte noch viel größer sein. Aber sie ist es nicht. Diese Last muss ich nicht tragen. Ich trage nur, was ich zu tragen habe. Mehr nicht! Ich könnte mir ja auch ein alternatives Leben vorstellen. In diesem alternativen Leben wäre ich ein Mensch aus Südafrika, der im Bergwerk arbeitet und wenig Lohn dafür erhält. Ich könnte mir auch ein Leben vorstellen als Arzt in einem Krankenhaus, das personell unterbelegt ist. Ich könnte mir vorstellen... Meine Phantasie reicht aus mir Leben vorzustellen, die mit mehr Lasten verbunden sind.
Das Ergebnis: Sei zufrieden mit dem was ist! Ist schon gut so! Hör auf zu jammern!

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Mittwoch, 20. Juli 2016

Bevor du nicht 99 von 100 Schritten getan hast, sollst du nicht behaupten, du hättest bereits die Hälfte geschafft. (aus China)

Diese Weisheit widerstrebt mir ein wenig. Wenn ich mit einer Arbeit beginne oder einen Weg gehe, dann freue ich mich schon über die ersten Ergebnisse und die ersten gegangenen Schritte. Ich spreche mir Mut zu und schaue auf das, was ich schon geschafft habe. Mir kommen dabei die Menschen in den Sinn, die sich schnell abschrecken lassen und gar nicht erst anfangen. Ich habe immerhin schon begonnen.
Erst Recht, wenn ich etwas mehr als die Hälfte geschafft habe wächst in mir der Stolz. Den Rest mache ich mit links, sage ich mir. Es ist schon mehr als die Hälfte. Ich blicke zurück und mir wächst die Energie zu für die kleine Reststrecke an Weg oder Arbeit. Da kommt mir dieser chinesische Satz in die Quere, der "behauptet", dass ich bei 99 von 100 Schritten nicht behaupten darf, dass ich bereits die Hälfte geschafft hätte. 99 ist doch kurz vor dem Ziel. Es fehlt nur noch ein Schritt, ein einziger Schritt. Im Alltag beschäftige ich beim hundersten Schritt schon mit der nächsten Aufgabe.
Der Brief ist geschrieben und eingetütet. Während ich die Briefmarke klebe geht mein Blick zur letzten Mail, die ich beantworten möchte. Wenn ich dort meinen Namen druntersetze geht mein Gedanke hin zu den Kartoffeln in der Küche, die geschält werden wollen. Wenn ich zum Schluss am Herd alle Töpfe noch einmal abschmecke und rühre geht mein Gedanke zum Briefkasten um zu schauen, ob der Postbote schon da war.
Jedes Mal denke ich, wie gut ich doch organisiert bin und wie am Schnürchen die Arbeiten erledigt werden. Mein Vater wäre stolz auf mich. Wie kann der chinesische Spruch so etwas behaupten! Will er mich ärgern?
Ja ich kenne Menschen, denen im letzten Moment der Mut verlässt und alle bisherigen Schritte waren vergeblich. Die letzten Hindernisse vor dem Ziel, die du nicht überwinden kannst. Die meisten Bauwerke werden darum erst so spät vollendet. Da war etwas, mit dem niemand gerechnet hat.
Und wie ist das mit meinen eigenen letzten Schritten? Womöglich vergesse ich, den Brief einzuwerfen. Während ich meinen Namen unter meine Mail setze und abschicke übersehe ich die Betreffzeile. Während ich zum Briefkasten gehe brennt mir mein Essen an. Was lerne ich aus diesem Weisheitswort: Abgerechnet wird zum Schluss. Sei sorgfältig bis zum letzten Schritt.
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Montag, 18. Juli 2016

Der Gruß führt zur Unterhaltung. (persische Weisheit)

Eine scheinbar sehr simple Erkenntnis: Der Gruß führt zur Unterhaltung. Ein umfangreiches Musikstück beginnt mit der Ouvertüre. Alle Themen werden dort schon einmal angekündigt. Die Ouvertüre ist die Eröffnung und dann folgt mehr.
Wenn du mit jemanden kommunizieren willst, dann musst du mit irgendetwas anfangen. Warum nicht mit einem Gruß? Wenn du wirklich in einen Kontakt treten willst, kommt es auf die erste Begegnung an, die erste Geste und das erste Wort. Der erste Eindruck zählt. Achte also einmal auf deinen Gruß. Wie machst du das eigentlich?
Vielleicht erscheint dir der Gedanke sehr überflüssig. Du grüßt halt eben wie du immer grüßt. Bist du dir deiner Wirkung bewusst? Schaust du dein Gegenüber zuerst an? Wo schaust du hin, in die Augen? Schaust du ins rechte oder ins linke Auge? Macht das einen Unterschied?
Wie erlangst du die Aufmerksamkeit deines Gegenüber? Winkst du mit den Händen, räusperst du deine Stimme, machst du dich zehn Zentimeter größer?
Lächelst du oder schaust du Ernst oder machst du es abhängig vom Ereignis? Bei einer Reklamation im Laden schaust du vielleicht Ernst und bei einem Wiedersehen mit dem Freund freundlich? Oder hoffst du, dass du spontan gesehen wirst ohne etwas dafür zu tun?
Und wenn du gesehen wurdest, welcher Gruß kommt dir über die Lippen? Hast du einen Standardsatz, mehrere Sätze, spontan, geschäftlich oder privat? Bist du eher ein Freund vom lockeren "Hallo" oder lieber vom "Guten Tag!"
Dein Gruß ist die Ouvertüre für eine Unterhaltung oder dafür, dass erst gar keine zustande kommt. "In jedem Anfang wohnt ein Zauber inne...", sagt Hermann Hesse. Warum nicht ein wenig mehr Sorgfalt an den Tag legen mit dem Gruß? In der Arbeitswelt spricht man inzwischen gerne von Wertschätzung und Anerkennung. Auch die fängt mit dem Gruß an.
Mein Lieblingsgruß heißt übrigens: "Namaste" aus dem Sanskrit und heißt soviel wie: "Ich grüße das Göttliche in dir." Mehr Wertschätzung geht nicht.
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Samstag, 16. Juli 2016

Vorübergehend



Vorübergehend ist das Büro nicht besetzt. Vorübergehend haben wir diesen Menschen als Ersatz eingestellt. Vorübergehend findet die Beratung an einem anderen Tag statt. Vorübergehend bin ich hier nicht erreichbar.
Die Menschen wünschen sich eher Sicherheit. In der Regel oder immer ist das Büro besetzt. In der Regel oder immer ist der oder die dafür zuständig. In der Regel oder immer findet die Beratung an einem Montag statt. In der Regel oder immer bin ich hier erreichbar.
Wenn du genauer hinschaust ist jedoch nichts „immer“ sondern alles irgendwie vorübergehend. Vorübergehend lebst du in einer Familie und denkst, es sei für ewig. Vorübergehend hast du diese Stelle, zwar für dreißig Jahre, aber angesichts der Ewigkeit vorübergehend. Vorübergehend liebst du diesen Mann und diese Frau. Alles vorübergehend...
Und nun nimm das Wort wörtlich: Es geht vorüber. Du kannst es nicht festhalten. Du genießt und nutzt es zwar für einen Augenblick, du gehst eine Zeitlang damit, aber es bleibt nicht stehen. Es geht vorüber und ist vorübergehend.
Sei du selbst auch eher ein Vorübergehender als ein Festhalter. Um ein Vorübergehender zu werden musst du deine Lektionen lernen. Eine Lektion heißt: Immer wieder loslassen. 

Freitag, 15. Juli 2016

Sieh das Wunder!

Wartest du auf ein Wunder? Das Wunder, dass du einmal ganz reich und einmal ganz glücklich sein wirst? Eines Tages? Wartest du auf das Wunder, dass dein Traumprinz vor dir steht und schon eine Ewigkeit auf dich gewartet hat? Wartest du auf das Wunder, dem du nachspürst, wenn du du dich in einen Roman vertiefst und verlierst?
Pearl S. Buck meint sagt: "Die wahre Lebensweisheit besteht darin, im Alltäglichen das Wunderbare zu sehen." Wenn du die Erfüllung eines Wunders in der Zukunft siehst, dann bist du nicht mehr da in deinem Körper und deinem Geist. Dann bist du schon aus dir ausgewandert in das Land deiner Phantasie. So kann es geschehen, dass das kleine Wunder um Hier und Jetzt gar keine Chance hat, dich zu erreichen. Da gibt es den Vogel draußen auf dem Baum, der dich mit seiner Lebensfreude anstecken kann. Da gibt es den Sonnenstrahl, der deine Haut gerade jetzt erwärmt. Da genießt du die erste Tasse heißen Kaffee am frühen Morgen. Dir wird bewusst, dass du ein Dach über dem Kopf und eine warme Stube hast. Es gibt so viele Alltäglichkeiten, die das Wunder bergen. Wohin lenkst du deine Aufmerksamkeit? In die ferne Zukunft oder in die Gegenwart? Bist du noch da? Wo bist du gerade? Was nimmst du jetzt in diesem Augenblick wahr, wo du diese Zeilen liest.
Ich gestehe dir, manchmal versinke ich auch in meine großen Zukunftswunder. Doch jetzt, in diesem Augenblick bin ich bei dir. Du liest meine Zeilen und mein Herz wird weit.

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Mittwoch, 13. Juli 2016

Lehne dich zufrieden zurück, wenn du eine gelungene Arbeit vor Augen hast, aber nicht zu weit, dass du deiner Arbeit zu Füßen liegst. (irischer Segensspruch)


Ich musste lachen als ich diesen Vers las. Ich sah mich zu Füßen meiner Arbeit liegen. Ich klopfte mir auf die Schulter und sagte zu mir: Das hast du gut gemacht! Das hast du wirklich toll hinbekommen! Dafür darfst du dir ein dickes Lob aussprechen! Ich steigerte mich so herein in das Klopfen auf die Schulter, dass mich mein Lob selber umhaute.
Jetzt wache ich auf aus diesem Bild und ergründe noch einmal den Sinn dieses irischen Segensverses.
Ich gehöre eher zu den Menschen, die kritisch mit der eigenen Arbeit sind. Ich sehe oft, was ich noch besser hätte machen können und reagiere allergisch, wenn mich jemand auf meine Defizite hinweist.
Dabei weiß ich aus langjähriger Erfahrung wie wichtig ein gesundes Selbstbewusstsein und Vertrauen ist. Ich sage es mir jedes Mal neu: „Lehne dich doch zufrieden zurück. Deine Arbeit ist  dir gut gelungen!“
Der irische Vers spricht von „Zufriedenheit“. Sei zufrieden mit dem, was du getan hast. Sei dabei zugleich nicht überheblich. Vielleicht liegt die Wahrheit wie so oft zwischen zwei Polen. Zwischen Überheblichkeit und zerfleischender Selbstkritik gibt es viele Möglichkeiten der Anerkennung. Nutze diese Spielräume einfach mehr aus!

Dienstag, 12. Juli 2016

Verlier nicht den Kontakt!

Ich fahre diesem LKW hinterher und sehe das Plakat: "Don't lose touch!" Ein Mann hängt an der Tür und hat die Beine angezogen. Den Kontakt zum Boden verloren.
Manchmal verlierst du den Bodenkontakt. Den Blick für die Realität. Der Boden trägt nicht mehr. Er wird dir unter den Füßen weggezogen. Arbeitsplatz gekündigt, Ehe zerbrochen, Freundschaft beendet, Krankheit. Verlier nicht den Kontakt! Mit beiden Füßen auf dem Boden stehen gibt Halt und Sicherheit. Schön, wenn uns das geschenkt wird.
Doch manchmal musst du loslassen. Dich irgendwo dranhängen. Der Boden fließt weg. Alles entpuppt sich nur als vorläufige Sicherheit. Wenn du dich irgendwo dranhängst, dann kannst du dich auch fortbewegen. Vom Boden, der nicht mehr tragfähig ist. Immerhin besitzt du neben den Füßen auch noch Arme und Hände. Die sind flexibel. Die können spontan reagieren.
Die Füße sagen: "Hier stehe ich! Ich habe Halt. Das gibt Sicherheit!" Die Hände sagen: "Hier bewege ich mich. Da greife ich hin. Das Leben sortiert sich ständig neu!" Wie gut, dass wir Hände und Füßen haben, die gemeinsam oder auch abwechselnd dafür sorgen, dass wir im Kontakt bleiben.
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Montag, 11. Juli 2016

Unkraut ist die Opposition der Natur gegen die Regierung der Gärtner. (Oskar Kokoschka)

Liebst du "Unkraut"? In meiner Kindheit war Unkraut der Feind meiner Eltern. Ich habe das nie verstanden, mit welcher Vehemenz meine Mutter in den Beeten herumhackte und zog. Egal ob Chemie oder Handarbeit. Das Zeug musste heraus. Ohne Gnade! Das war im Garten nicht erwünscht. Meine Eltern konnten den Kampf leider nicht gewinnen. Oder nur so ungefähr. Das Unkraut gab einach nie auf. Sie wurden nie damit fertig. Diese Kräuter bahnten sich immer wieder ihren Weg.
Ich habe diese Kräuter bewundert.
Das Schild mit dem Spruch von Oskar Kokoschka habe ich bei einer Gartenbesichtigung fotografiert. Die Gärtnerin wollte wohl nicht den Garten diktatorisch regieren. Sie entschied sich für eine wirksame und üppige Opposition.
Wenn ich mich in meinem Inneren besuche, dann kann ich mich sehen wie einen Garten. Auch dort gibt es eine Regierung und eine Opposition. Da will ein Teil Ordnung und ein Teil will Chaos. Die Ordnung bekommt ganz selbstverständlich ihren Platz. Pünktlich zur Arbeit. Die Miete bezahlen. Sich an Regeln halten. Der oppositionelle Anteil in mir meldet sich auch: "Schlaf doch mal ein wenig länger. Merkt doch keiner!" "Fahre ruhig über die durchgezogene Linie. Du bist doch ein freier Bürger. Das ist nur eine Straße!" "Bevor die Äpfel verfaulen, nehme ich mir einen."
Dann beginnt der Kampf im Inneren zwischen Regierung und Opposition. Oft gewinnt die Opposition nicht, weil die Regierung halt die Macht hat. Nur manchmal, wenn die Regierung schläft, schlägt die Opposition zu. Immer wieder schlägt sie der Regierung ein Schnippchen.
In mir gibt es zugleich einen Beobachter, der darauf achtet, dass Regierung und Opposition zu einem Gesamtsystem gehören. Sie bedingen sich gegenseitig. Sie brauchen einander. Ohne Opposition wird das System starr und ohne Regierung entsteht das Chaos.
Wenn ich der Opposition in mir die Erlaubnis erteilen würde, die Regierung zu übernehmen: Was würde wohl geschehen? Würde mein innerer Garten zuwuchern? Wie im realen Garten? Nur auf den ersten Blick und im ersten Moment. Im ersten Moment gäbe es tatsächlich Chaos. Aber mit der Zeit würde sich ein neues System herausbilden. Eine neue Ordnung. In der Natur ist es genauso. Es braucht dafür nur einen längeren Zeitraum.
Jedes System hat seine Regierung und seine Opposition. Arbeitsplatz, Familie, Vereine und Gruppen... Interessant wird die Frage, wenn du dich einmal selber beobachtest. Wo findest du deinen Platz in diesen Gruppen. Bist du eher Regierung oder Opposition?
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Samstag, 9. Juli 2016

Nährende Worte für deine innere Stimme!



Die Urlaubszeit steht vor der Tür. Wunderbar! Du packst deine Koffer und fährst in eine Gegend, in der du dich gut erholen kannst. Am Strand liegen, die Weite des Meeres auf sich wirken lassen und dabei selber wieder weit werden. Berge erklimmen, über allem stehen, wieder den Überblick gewinnen und die Aussicht genießen. Im Urlaub umgibst du dich mit einer schönen Landschaft. Da kannst du deine Seele baumeln lassen und dich so richtig erholen. Du umgibst dich zusätzlich noch mit einem schönen Hotel oder einem gemütlichen Zelt oder einer kuscheligen Ferienwohnung. Und bist gerne mit Menschen zusammen, die dich mögen und die du magst. Einmal im Jahr entscheidest du dich für einen Ausflug ins Paradies.
Wenn ich kann, möchte ich gerne etwas dazu beitragen. Umgib dich zusätzlich mit nährenden Worten. Im Alltag hörst du genug verpflichtende Worte. Die innere Stimme spricht fast ununterbrochen vom „Müssen“ und „Sollen“. Diese Stimme appelliert, fordert auf, weist hin und lässt dich nur im Schlaf in Ruhe. Diese Stimme scheint dich selten zu nähren und eher auszusaugen. Und diese Stimme möchte ich gerne mit dir heute in den Blick nehmen. Die Stimme, die dich grübeln lässt. Die so unaufhörlich spricht. Die sich immer meldet, wenn du es gar nicht möchtest.  
Im Urlaub möchtest du diese innere Stimme möglicherweise für ein paar Tage einfrieren und gar nicht erst mitnehmen. Leider hört sie nicht auf dich. Diese innere Stimme begleitet dich im Urlaub in den ersten Tagen mit Sätzen wie: „Das hast du leider vergessen... Du hättest noch den anrufen müssen... Das hast du noch nicht geklärt... Das muss noch warten...“ So liegst du am Strand und stehst auf dem Berg. Du willst einfach nur alles genießen.  Und plötzlich mischt sich die innere Stimme ein.  
Wenn du Glück hast bekommst du auch mal Ruhe. Dazu musst du weit genug vom Alltag der Vergangenheit entfernt sein und zugleich weit genug entfernt von den zukünftigen Sorgen.
Willst du Ruhe haben, dann brauchst du in der Regel drei Wochen. In der ersten Woche hörst du die kritische Stimme, die nach und nach leiser wird. Es folgt hoffentlich eine Woche Pause. Dann meldet sie sich wieder mit den Aufgaben, die auf dich warten, wenn du wieder nach Hause kommst.
Was jedoch machst du, wenn dir nur zwei Wochen zur Verfügung stehen? Oder wenn du so unglaublich gewissenhaft bist? Oder nicht abschalten kannst? Wenn du ein unverbesserlicher Perfektionist bist und gedanklich auch noch im Urlaub arbeitest?
Im Urlaub verlässt du dein gewohntes Umfeld und umgibst dich mit einer alternativen Landschaft und einer unbekannten Wohnung. Du gönnst deinem Körper neue Eindrücke und Erholung vom Stress des Alltags. Das geschieht irgendwie automatisch. Andere Landschaft, verändertes Gefühl. Aber was machst du mit deinen Gedanken und vor allem mit der inneren Stimme? Du steigst in dein Auto ein und nimmst sie einfach mit. Ansonsten hast du alles geplant! Kleidung, Getränke und Pausenbrote! Geld und Papiere.
Nur. Für deine innere Stimme hast du nicht vorgesorgt. Du hast sie vergessen. Aber die innere Stimme lässt sich nicht einfach abstellen. Sie legt sich nicht in dein Bett und wartet, bis du wiederkommst! Sie schreit nicht: „Hurra!“ „Ich bekomme eine Pause von meinem Menschen.“ Sie setzt sich mit ins Auto und fängt nach wenigen Momenten schon an zu nörgeln. „Hast du wirklich alle Blumen gegossen?“ „Die Butter im Kühlschrank wird ranzig sein, wenn du wiederkommst.“ „Wie weit das Ziel auch wieder ist!“ „Du bist viel zu spät losgefahren! Oder zu früh!“ Du kannst dich auf diese innere Stimme verlassen, dass sie sich meldet.
Du hast in deinem Leben bisher etwas total wichtiges einfach nicht im Blick gehabt. Du hast vergessen, gut für diese innere Stimme zu sorgen. Damit ist jetzt Schluss! Du hast es erkannt! Deine innere Stimme, die ewig nörgelt, braucht auch Urlaub. Sie möchte auch mal etwas zur Entspannung.
Schenke dieser inneren Stimme doch in deinem Urlaub nährende Worte. Schenk ihr Worte, mit denen sie sich beschäftigen kann. Deinen Kindern gibst du ja auch Spielzeug, damit die Fahrzeit verkürzt wird. Warum also nicht nährende Worte für deine innere Stimme. Du könntest schöne Worte auf kleine Selbstklebezettel schreiben und im Auto verteilen oder zwischen deine Wäsche oder deinen Geldscheinen. Ich mach mal ein paar Vorschläge und du kannst sie ergänzen oder andere finden. Goldstück, Schatzkästchen, Liebling, Wunderstimmchen, Gedankenvorrat, Sonnenscheinchen, Begleiterlein... Mit diesen oder ähnlichen Worten könntest du deiner inneren Stimme schmeicheln. Du kannst ihr aber auch neue Worte schenken, damit sie etwas zu tun hat. Ich weiß nicht, ob ich diese jetzt schon aufschreiben soll. Es könnte sein, dass deine Stimme sofort schon wieder anfängt zu arbeiten. Die ist nämlich so veranlagt.
Du könntest ihr die Wörter des Jahres 2015 sagen. Aber die finde ich nicht so verheißungsvoll für einen Urlaub. Oder was meinst du zu „Flüchtlinge“, „Grexit“ oder „Flexitarier“? Klingt nicht wie Urlaub, oder?
Die Unwörter der letzten Jahre möchte ich gar nicht erst benennen. Die sind für den Alltag schon unerträglich. Es müssten eher Worte sein, die deine innere Stimme noch nicht kennt. Worte, die zugleich ein Wohlbefinden auslösen, wenn die innere Stimme es hört. Du könntest deinen Lieblingsmenschen damit beauftragen, dir immer wieder einmal nette Worte zu sagen. Ganz überraschend. Einfach so! Mal im Auto oder mal im Supermarkt. So ein Satz wie: „Ich bin gerne mit dir hier zusammen.“ „Du hast so strahlende Augen.“ „Ach wie gut du duftest.“
Ich mache mal ein Beispiel. Du grübelst vielleicht gerade. Sehr typisch, kommt immer wieder vor. Deine innere Stimme macht dir einen Vorwurf. Dann hörst du plötzlich die Worte deines Lieblingsmenschen im Ohr und deine innere Stimme schweigt. Sie ist überrascht. Damit hat sie nicht gerechnet. Sie ist schachmatt gesetzt. Du könntest für deinen Lieblingsmenschen dir auch solche Sätze überlegen. Auch der hat eine innere Stimme, die ihn plagt.
Du würdest dich im Urlaub mit lauter nährenden Sätzen umgeben. Du lässt sie dir schenken und du verschenkst sie. Deine innere Stimme wird sich ganz schön wundern. Es kann sein, dass sie das am Anfang nur schwer ertragen kann. Sie ist diese kritischen und selbstzerstörerischen Gedanken so gewohnt. So gewohnt! Da hörst du auf einmal in deinem Brüten so einen Flüstersatz im Ohr: „Schön, dass ich mit dir hier sein darf! Ich freue mich so!“ Das wird dich umhauen. Von jetzt auf gleich. Ein echtes Urlaubserlebnis für deine innere Stimme.
Jetzt in diesem Augenblick hört sie übrigens zu. Ist dir das bewusst? Ich weiß nicht, ob es ihr angenehm oder eher unangenehm ist. Ich könnte jetzt doch mal einfach mit ihr sprechen. Du, liebe Leserin und lieber Leser, tritt doch mal einen Schritt zurück und werde zum Zuschauer und zur Zuhörerin. Ich spreche jetzt mal mit deiner inneren Stimme.
„Hallo du innere Stimme. Ich kenne dich ziemlich gut. Du bist bestimmt so ähnlich wie meine in mir. Du passt immer so gut auf deinen Menschen auf. Dass der keinen Fehler macht. Dass niemand ihn kritisiert. Dass alles gut läuft. Im richtigen Tempo. Zur richtigen Zeit. Du vergisst nie etwas und gibst keine Ruhe, bis alles richtig ist. Du hast wirklich viel zu tun und ich bin erstaunt, wie du das durchhältst. Wie oft meldest du dich am Tag bei deinem Menschen? Hundert mal? Tausend mal? Und was du nicht alles im Blick hast! Unglaublich! Ich bewundere dich dafür! Ich könnte das nicht. Ich bräuchte immer wieder mal eine Pause.
Aber du, liebe innere Stimme, bist so unermüdlich. Immer siehst du noch etwas, was nicht in Ordnung ist. Du passt wirklich gut auf deinen Menschen auf, nicht wahr? Ohne dich wäre der schon längst gestorben. Als Folge von seiner Unaufmerksamkeit und der fehlerhaften Selbsteinschätzung oder ...
Danke schön dafür! Und ich freue mich, wenn du deine treuen Dienste weiter ausführst. Ohne dich käme dein Mensch gar nicht klar. Darf ich im Urlaub auch mal etwas für dich tun? Allerdings ... du könntest jetzt ein ganz klein wenig Pause machen und ich verwöhne dich. Würde das gehen? Oder bekämst du schnell ein schlechtes Gewissen! Das wäre dann nicht gut. Ich will ja nicht deine Arbeit behindern. Du könntest meine „nährenden“ Worte dann gar nicht richtig genießen.
Also, liebe innere Stimme, du möchtest doch deinem Menschen dienen und für ihn da sein. Das ist deine Bestimmung. Du bist aber auch darauf angewiesen, dass du mit deinem Menschen in einer guten Verbindung lebst. Dass ihr gut miteinander auskommt. Weil ihr ja aneinander gebunden seid. Und ich glaube, dass dein Mensch sich wünscht, dass du dich mit ihm erholst – im Urlaub. Ich spreche nur von den paar Tagen am Meer oder in den Bergen. Du könntest auch mal ein paar Tage dich sammeln und wieder zu Kräften kommen. Deine Stimme würde nach dem Urlaub für deinen Menschen viel freundlicher klingen. Er würde sich nicht sofort über dich ärgern, wenn er deine Stimme wieder hört. Er würde dir dankbar sein, dass du einfach da bist. Du könntest in deinem Urlaub doch auch mal neue Gedanken sammeln. Dich mit Worten umgeben, die dir gut tun. Wie wäre es? Ich lade dich ein! Wie wäre es, wenn du im Urlaub deine terrapeutischen Qualitäten entdecken würdest. Du fragst dich jetzt, was das ist? Ein Terrapeut? „Terra“ kommt von Erde und deine Erde ist der Mensch, in dem du lebst. Als Terrapeut würdest du im Urlaub darauf achten, dass es deinem Menschen mit dir gut geht.  Das hat was mit „Gönnen“ zu tun. Mit Wohlwollen! Mit Freundlichkeit! Also mit Terrapie!
Danke, dass du mir zugehört hast. Ich wünsche dir neue und schöne Urlaubserlebnisse mit Worten, die dich wirklich nähren. Lass es dir gut gehen.“
Danke auch dir, liebe Leserin, lieber Leser, dass ich mal mit deiner inneren Stimme sprechen durfte. Es kann sein, dass du die Qualität deines Urlaubes auf diesem Weg noch ein wenig verbessern kannst. Entweder bestimmt deine innere Stimme dein Leben oder du gestaltest sie nach deinen Vorstellungen und Vorgaben? Wenn du gestalten willst, dann musst du einen Schritt aus dir heraus zurücktreten. Wie gerade eben als ich mit deiner inneren Stimme sprach. Sonst bist du zu nah an dir dran und die innere Stimme bekommt zu viel Macht. Du bewegst dich in ihrem Sog. Aber einen Schritt zurück und es kann sich ganz gut anfühlen. Dann sitzt du z.B. mit deiner inneren Stimme gemeinsam im Auto. Diese sagt wie gewohnt: „Hast du auch die Blume im Bad gegossen?“ Und du antwortest nicht mit einem Schrecken oder einem schlechten Gewissen. Du sagst vielleicht eher: „Danke für deinen Hinweis. Und jetzt darfst du es dir auch bequem machen und tief durchatmen. Zur Abwechslung pass ich mal auf dich auf.“
In diesem Sinne wünsche ich dir eine erholsame Zeit mit vielen nährenden Worten. Und hier ein schönes von Rose Ausländer:
Wir wohnen
Wort an Wort
Sag mir
dein liebstes
Freund
meines heißt
DU

Freitag, 8. Juli 2016

Leben ohne Spuren von Müssen

Auf der einen oder anderen Packung steht ja immer für die Allergiker unter uns: "Kann Spuren von Nüssen enthalten." Vielleicht machen die Firmen das, damit sie im Ernstfall keine Klage an den Hals bekommen. Als Versicherung...
Angelehnt an diesen Spruch lese ich auf meiner Karte: "Das Leben kann Spuren von Müssen enthalten." Da knirscht es schon zwischen meinen Zähnen. Eigentlich wünsche ich mir ein Leben ohne Müssen. Ich wünsche mir ein Leben nur mit "Dürfen". Auch wenn ich diese Produkte nicht kaufe, auf denen steht: "Du darfst". So schaue ich dennoch gerne auf diese Verpackung und fühle mich eingeladen. Ich darf, aber ich muss nicht. In mir wohnt nämlich ein Rebell. Ein Rebell, der auf das Wort "Müssen" so allergisch reagiert, wie andere auf "Nüsse".
Oben auf der Postkarte steht aber auch "Achtung". Das habe ich fast übersehen. Ich gebe also Acht auf das "Müssen" und auf die "Nüsse". Da fragt mich jemand, ob ich mich mit einem Thema gut  auskenne und ob ich da etwas zu schreiben könnte. Das mache ich dann gerne und freiwillig. Das nächste mal kommt dieser Mensch zu mir und sagt: "Du hast doch da schon mal was zu geschrieben. Könntest du das noch erweitern?" Da sehe ich die erste Spur von "Müssen". Wenn ich jetzt "Ja" sage, habe ich was für den Rest des Lebens an der Backe. "Ich mach das doch so schön! Ich kann das doch so gut!" Auf einmal befinden sich in meiner Tüte ständig Spuren von Müssen. Diese Spuren können es mir echt schwer machen. Sie verderben mir einfach die Freude. Was tun?
Sollten sich Spuren von Müssen angesammel haben, dann heißt es: "Durchputzen!" Aufräumen, Klartext reden, seine Angst überwinden, das Herz in die Hand nehmen. Die Folgeschäden abwägen und beherzt die Spuren beseitigen. Es sind zwar nur Spuren, aber sehr mächtige. Das Leben kann zwar Spuren von Müssen enthalten, aber du kannst da was machen. Du musst dich nicht ergeben und die Spuren ohnmächtig erdulden. Geh nicht in die Opferrolle! Es gibt keinen Grund, sich zu ergeben! Es handelt sich ja nur um Spuren. Die sind allerdings oft klein und dennoch zäh. Wenn du sie jedoch in den Blick nimmst, dann verlieren sie ihre Macht. Du hast sie schließlich entdeckt.
Jetzt übertrage mal dieses Bild auf dein Leben. Wo siehst du überall Spuren von Müssen, wenn du genau hinschaust? Und was wirst du tun?
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Donnerstag, 7. Juli 2016

Alt genug um es besser zu wissen - Jung genug um es nochmal zu tun!

Eigentlich sollte ich wissen, dass ich beim Kauf einer Kaffeemaschine die Qualität und den Preis prüfe.
Eigentlich bin ich alt genug um zu wissen, dass man rechtzeitig tankt, bevor der Sprit ausgeht.
Eigenttlich bin ich alt genug um genau hinzuschauen, in wen ich mich verliebe.
Eigentlich sollte ich genau wissen, wie viel Alkohol ich am Abend vertrage bevor ich die Kontrolle verliere.
Eigentlich bin ich alt genug um es besser zu wissen.

Wenn wir also alt genug sind werden wir alles besser wissen.
Wir werden Besserwisser!
Wir werden besserwisserisch!

Dann werden wir starr.
Wir werden unbeweglich.
Wir setzen immer und überall unsere Kompetenzen fachgerecht um.
Wir werden immer perfekter.
Wir lernen immer schneller und immer besser aus unseren Fehlern.

Ich könnte mit anderen Worten auch sagen: Wir werden routinierter und töter.
Vieleicht auch nur fast - wenn nicht?

Bevor du gestorben bist an deinem "Alterswissen" kannst du einen Test machen.

Du bist jung genug, um es nochmal zu tun!
Verliebe dich noch einmal.
Fahr mal deinen Tank leer bis nichts mehr geht.
Kauf eine Maschine ohne jede Prüfung.
Mit dem Alkohol bin ich an dieser Stelle mal etwas zurückhaltend.

Bevor du stirbst könntest du die Chancen nutzen, die du hast.
Du lebst heute!
Du lebst nur einmal!
Vielleicht hast du deine Möglichkeiten noch nicht ausgeschöpft.
Du denkst, dass du in deinem Alter so etwas nicht mehr machen darfst.
Das darfst du nur, solange du noch jung bist.
Junge Menschen dürfen und ältere Menschen müssen das nicht mehr.

Mit vierzig Jahren feierte ich meinen ersten Kindergeburtstag!
Topfschlagen, Eierlaufen und Sackhüpfen.
Besser mit vierzig als ohne Kindergeburtstag zu sterben.

Blätter doch mal in deinem Leben zurück.
Wo bist du heute alt genug um es besser zu wissen.
Und wo bist du jung genug um es nochmal zu tun?

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Mittwoch, 6. Juli 2016

Ich schmeiss alles hin ... und wisch' das nicht auf!

Einfach mal alles loslassen. Ich habe keinen Bock mehr! Ich habe die Nase so was von voll! Ich schmeiße hin und übernehme nicht mal dafür die Verantwortung. Genug ist genug!
Ich beobachte manchmal Kinder, wie sie es genau so machen. Stehen bleiben. Rumschreien und sich komplett verweigern. Ich sehe dann Mutter oder Vater bei der Erziehungsarbeit. Mit Zuckerbrot und Peitsche. Mal beruhigend, mal ermahnend, manchmal lockend und mit einem Eis winkend. Das Kind steht da und schmeißt einfach hin. Erst einmal ist es egal, was Mama oder Papa da sagen oder wollen. Der ganze Frust muss raus.
Ich stehe daneben und wünsche mir, dass ich das auch manchmal so könnte wie ein Kind. "Das ist nur eine Trotzphase. Da musst du als Eltern durch. Das geht auch vorbei!" In der Pubertät kommt die Gefahr leider noch einmal wieder. Aber danach... Dann hast du es geschafft. Du hast es geschafft, dass du deinen Frust in dir verstaust wie ein ausrangiertes Möbelstück. Hinschmeißen bewährt sich nicht. Dafür bekommst du keine Anerkennung. Nur Ablehnung. Das machen Kinder, aber nicht Erwachsene!
Heimlich habe ich schon oft hingeschmissen. Ich habe mir ein Diktiergerät gekauft und die Anleitung nicht verstanden. Ich habe das Ding einfach weggeworfen. Meinen ersten Beruf habe ich auch hingeschmissen. Immerhin gab es dafür einen Grund. Ich mochte meinem Arbeitgeber gegenüber nicht gehorsam sein. Ich war wie ein trotziges Kind. "Genug ist genug!"
Mancher Frust in unserer Erwachsenenseele arbeitet immer noch weiter. Macht uns unzufrieden und grießgrämig. Lässt und hadern und am Leben verzweifeln. Im Evangelium gibt Jesus seinen Jüngern einen Rat, wenn sie auf Missionsreise sind. Bei einer Ablehnung sollen sie den Staub von den Schuhen schütteln und weitergehen. Mit meinen Worten hieße das: Schmeiß ruhig mal hin! Vor allem deinen Groll und deinen Frust. Sonst frisst er dich auf! Darum darfst du das Hingeschmissene auch nicht wieder aufsammeln. Sonst hast du den Frust ja wieder an dir kleben. Was könntest du denn mal einfach hinschmeißen? Du kannst auch mit einem überflüssigen "Stehrümchen" anfangen. So als Probe! Darin legst du dann den ganzen Frust des Augenblicks hinein. "Ich schmeiß es hin und heb es auch nicht wieder auf!"
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Dienstag, 5. Juli 2016

Du bist meine Lieblingsfreundin

Kann ich als Mann etwas zu diesem Thema sagen? "Du bist meine Lieblingsfreundin". Ich habe weder eine Lieblingsfreundin noch einen Liebelingsfreund. Ich habe Freundinnen und Freunde. Das ja!
Ich erinnere mich aber noch an meine Kinder- und Jugendzeit und habe da meine Schwestern erlebt. Da ging es häufig um die Frage, wer ist denn jetzt mit wem lieblingsbefreundet. Für den familiären Frieden war es gut, wenn meine Schwestern in einer Lieblingsfreundschaft geborgen waren. Und wehe, wenn nicht. Drama, Krise, Weltuntergang, Schmerzen!
Sowohl als Junge als auch als Mann war und bin ich da eher ein Zuschauer. Das ist zugleich wohl die Crux. Für das "Lieblingsfreundeln" musst du dich leidenschaftlich verbinden können. Dich ganz einlassen mit Haut und Haar und allen Gefühlen. Dich förmlich verlieren können. Hoffentlich ohne dich aufzugeben.
Vielleicht lebe ich schwerpunktmäßig auch nur an einem anderen Pol. Der eine Pol heißt: "Ich bin gut bei mir und mit mir und ruhe in mir." Der andere Pol heißt: "Ich gebe mich hin mit allem was ich bin und habe." In der Hingabe kann ich mich selbst verlieren und im bei mir selbst bleiben kann ich einsam werden. Zwei unterschiedliche Gefahren. Wo ist dein Lieblingspol? Ich glaube, dass jeder so einen hat. Gibt es einen tendentiellen Unterschied zwischen Mann und Frau?
Mir hilft die Vorstellung, dass ich mich zwischen den Polen bewege. Ich gebe mich hin und nehme mich so mit, dass ich mich nicht verliere. Ich bin gut bei mir und lade ein, wer bei mir sein mag.
Kann ich als Mann etwas zum Thema Lieblingsfreundin sagen? Nichts aus eigener Erfahrung. Aber ich freue mich für dich, wenn du da so jemanden an deiner Seite hast!
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Montag, 4. Juli 2016

Wie wirst du deine Grenzen los?

Stell dir vor, dass du einen kleinen Spaziergang machst. Du befindest dich in einer Oase und läufst los hinein in die Wüste. Eben ein kleiner Spaziergang. Du gehst ein paar Minuten und fühlst dich frisch und kräftig. Du schaust in die Weite und lässt die Oase immer mehr hinter dir. Dann stellst du dich hin und drehst dich um deine eigene Achse. Wo immer du auch hinschaust siehst du freien Raum. Keine Begrenzung. Kein Zaun, der dich aufhält. Kein Meer, das du überqueren müsstest. Kein Weg, an dem du dich halten musst. Du befindest dich in der Grenzenlosigkeit. Bis zum Horizont - keine einzige Einschränkung.
Und? Verlockt dich diese Vorstellung? Wenn ja, wie lange? Hältst du es aus, diese Grenzenlosigkeit? Die Unendlichkeit von Möglichkeiten, deinen Weg fortzusetzen? Oder beschleicht dich irgendwann ein leises Unbehagen? Ich bin allein. Wo soll ich hin. Was erwartet mich, wenn ich weiterlaufe. Sorge, Angst, Todesangst, Panik?
Wenn du jetzt mal an deinen Alltag denkst mit all den Verantwortungen, denen du nachkommen musst. Familie, Beruf, Gesundheit, Finanzen. Deine Landschaft ist voll besetzt. Kaum Freiraum! Jetzt stellt dir vor, dass du ab jetzt keine einzige Verpflichtung mehr hast. Totaler innerer Freiraum - die Leere der Wüste und die Weite des Ozeans! Verlockend?
Mir hilft es, da einen Unterschied zu machen. Ich lebe in der Polarität von Begrenzung und Freiheit. Ich habe mich für dieses Leben entschieden. Für meine Arbeit, für meine Beziehungen, für meine Hobbys. Das erfüllt mich. Darum bin ich auch kein Sklave und erlebe das nicht als Begrenzung. Zugleich erfüllt mich der Wunsch nach Freiheit, nach Entgrenzung, nach neuen Möglichkeiten. Immer, wenn es mir zu viel wird, dann wird der Wunsch nach Entgrenzung mächtig. Wie bekomme ich diese widersprüchliche Polarität zusammen?
Ich entscheide mich für den einen Weg, den ich jetzt gerade gehe. Ich lasse mich ein auf die Menschen, denen ich gerade begegne. Ich lebe aufmerksam im Hier und Jetzt. Ich achte darauf, dass immer auch ein kleiner Freiraum bleibt. Ein Raum, in dem ich genug atmen kann. Ich lasse in meinem Bewusstsein zu, dass ich die völlige Grenzenlosigkeit denken kann. Wenn ich wirklich will, kann ich jetzt meine Oase verlassen und mich der Wüste und dem Meer aussetzen. Ich kann, aber ich muss es nicht. Ich kann es im Geiste und auch mal für ein paar Tage im Urlaub.
Der Unterschied heißt: Es gibt kein "Entweder/Oder" sondern ein "Sowohl/als auch". Begrenzung und Freiheit sind nur scheinbare Widersprüche. Ich erlebe beides zur gleichen Zeit. Ich kann mich wie ein Ausgelieferter erleben oder wie ein Gestalter und Schöpfer. Ich kann "gezwungenermaßen" zur Arbeit gehen und erlebe die Begrenzung. Ich kann aber auch "völlig frei" zur Arbeit gehen und erlebe die vielen Möglichkeiten.
Wie bekommst du das auf die Reihe? Schmerzen dich eher die Grenzen oder eher die vielen Möglichkeiten und deine Unmöglichkeit, dich entscheiden zu können? Wann ist es leicht und wann ist es besonders schwer?
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Samstag, 2. Juli 2016

Das Grün der Wiesen erfreue deine Augen, das Blau des Himmels überstrahle deinen Kummer, die Sanftheit der kommenden Nacht mache alle dunklen Gedanken unsichtbar. (Irischer Segen)


Wie gehst du mit Kummer und mit dunklen Gedanken um? Wo wohnen sie in deinem Körper? Spüre dem einmal nach. Vielleicht sitzt der Kummer im Herzen und die dunklen Gedanken im Kopf? Vielleicht sitzen sie da und strahlen auf deinen ganzen Körper aus. Du spürst die Schwere in den Gliedern. Du entwickelst einen Tunnelblick. Du nimmst nicht mehr wahr, was um dich herum geschieht.
Kummer und dunkle Gedanken sind wirklich schwer zu ertragen. Die dunklen Gedanken kommen oft als ein Grübeln daher. Hier eine Schleife, daraus eine neue Schleife... Du gehst von Schleife zu Schleife und... dann fängst du wieder von vorne an. Die dunklen Gedanken lieben die Worte: Hätte, Sollte, Müsste. Der Kummer liebt den tiefen Seufzer und die Ohs und Ahs.
Die bedrückende Nachricht heißt: Kummer und dunkle Gedanken gehören zum Menschsein dazu. Sei dankbar, wenn du davon nicht zu viel hast. Aber sie sind und bleiben ein Teil von dir.
Der irische Vers leugnet das auch nicht. Er schenkt dir jedoch eine Ergänzung. Wenn du schon Kummer hast, dann möge das Blau des Himmels ihn überstrahlen. Im Lichte des blauen Himmels bekommt der dunkle Kummer eine andere Färbung. Und wenn deine Sorgen dich gefangen halten richte deine Augen auf das Grün der Wiesen.
Dieser Aspekt ist interessant! Der irische Segen schlägt uns eine Art Farbtherapie vor. Im Grün des Lebens und im Blau der Beruhigung findet dein Kummer Trost. Am Tag mag das noch gehen. Der größte Verbündete von kummervollen Gedanken ist jedoch die Nacht. Ich kenne so viele Menschen, die sich tagsüber gut ablenken können, aber beim Einschlafen fangen die Gedanken an zu kreisen. „Die Sanftheit der kommenden Nacht mache alle dunklen Gedanken unsichtbar.“
Auf dem ersten Blick erscheint dir die Nacht wie ein Feind. Er verstärkt die dunklen Bilder und angsteinflößenden Gedanken. Mir gefällt es, das Bild der Nacht zu verändern. Die Nacht kann sehr sanft sein. Als Kind bist du unter die dunkle Decke gekrochen und hast dich versteckt wie in eine Höhle. Ich lege mich also schlafen und entwickle das Bild einer bergenden Höhle. Wenn dann die Gedanken kommen sage ich ihnen: „Ich kann euch nicht sehen, es ist ja dunkel! Erst morgen im Licht des neuen Tages kann ich mich wieder mit euch beschäftigen. Macht es wie ich und legt euch schlafen. Gute Nacht!“
Erinnerst du dich an die schöne Familienserie von den „Waltons“? 
Zum Schluss einer jeden Episode gab es einen kurzen Dialog quer durch alle Schlafzimmer. Das war ein sehr hilfreiches Ritual den Tag abzuschließen. Jeder sagt seinen letzten Gedanken und vergewissert sich, dass alle Familienmitglieder da sind. Dann lassen alle ihre Gedanken los und Stille kehrt ein. Wünsche also deinem Kummer eine gute Nacht und versprich ihm, dass du dich am nächsten Tag wieder darum kümmerst. 

Freitag, 1. Juli 2016

Mögest du bei jedem Erwachen eine Stimme hören, die zu dir spricht: Heute wird dir was gutes widerfahren. (irischer Segen)


Du wachst auf und dir wird bewusst, dass heute dein Geburtstag ist. Du wirst Anrufe bekommen von Menschen, die dir Glück wünschen. Du wirst in der Post schöne Karten und Briefe finden von Menschen, die an dich gedacht haben. Es wird im Laufe des Tages mehrfach an der Tür klingeln und Freunde werden dich besuchen mit einem Geschenk in der Hand und Freude in den Augen. Du wachst also auf in dem klaren Wissen: Irgendjemand denkt heute an dich und schenkt dir seine Aufmerksamkeit und Liebe. Wenn du Geburtstag hast gehst du davon aus, dass das geschehen wird.
Es ist ein ganz normaler Tag. Du hast keinen Geburtstag und nichts Besonderes liegt an. Kein Jubiläum, kein Fest, ganz normaler Alltag. Wie viele dieser Tage gibt es in deinem Leben? Tage, an denen nichts geschieht außer eben Alltag? Du wachst am Morgen auf und gehst einfach hinein in deinen Tag ohne Wünsche oder positive Erwartungen. Du stehst auf weil der Wecker klingelt und deine Arbeit dich ruft. Die Tiere wachen auch auf, wenn der Tag beginnt und gehen schlafen, wenn er endet – je nach tierischer Eigenart.
Jetzt stell dir vor, dass du am Morgen eine Stimme hörst, die zu dir spricht: „Heute wird dir was gutes widerfahren.“  Wie wirst du aufstehen? Wie stehst du auf im Unterschied zu den anderen Morgen? Was wird dieser Satz in dir auslösen? Freudige Erwartung? Ungeahnte Kraft und Energie? Frohe Beschwingtheit? Stell dir also vor, dass du diese Stimme hörst. Du wirst die Augen aufmachen, dein Herz öffnen, hinhören und aufmerksam sein. Während des Tages geht deine Aufmerksamkeit hin zu der Erfüllung dieses Versprechens: „Ah, da widerfährt mir etwas gutes!“ Du weißt ja nicht, was geschehen wird. Alles kann für dich gut sein! Der Bus, der pünktlich kommt und der freie Sitzplatz für dich! Der geschenkte Freiraum bei der Arbeit, weil ein Termin abgesagt wurde! Das Sonderangebot in der Modeboutique oder was auch immer.
Die Stimme spricht nicht von vielleicht oder möglicherweise. Sie ist klar und präzise: „Heute wird...“
Jetzt magst du sagen: „Ich habe leider noch nie eine solche Stimme gehört am frühen Morgen.“ „Woher sollte diese Stimme kommen?“ Ich bin schon froh, wenn ich die Augen öffnen kann und alles so einigermaßen seinen geordneten Weg geht.
Wenn du auf die Stimme von außen wartest wirst du wahrscheinlich lange warten müssen. Was hindert dich daran, selber diese Stimme zu sein? Morgen also wachst du auf und sagst dir: „So schlimm kann gar kein Tag sein, als dass da nicht zwischendurch auch einmal ein kleines Wunder geschieht. Heute entscheide ich mich dafür, alle möglichen schlimmen Ereignisse zu übersehen und mich voll und ganz auf das Wunder zu konzentrieren, das heute auf mich wartet.“